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Abfindung und Arbeitslosengeld I

Arbeitslosengeld I

Grundsätzlich findet keine Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld statt. Allerdings kann die Abfindung zum Ruhen des Arbeitslosengeld-Anspruchs führen. Welche Umstände dazu führen und wie sie sich vermeiden lassen erklären wir Ihnen nachfolgend genauer.

Grundsatz – Keine Anrechnung der Abfindung auf Arbeitslosengeld I

Grundsätzlich unterliegt die Abfindung keiner Anrechnung auf das Arbeitslosengeld I. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld wird also nicht reduziert oder gänzlich ausgesetzt, weil eine Abfindung gezahlt wurde. Es gibt jedoch Ausnahmen, die zum zeitlich begrenzten Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen können.

Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Erhalt einer Abfindung zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I führen (§ 158 SGB III). Nachfolgend werden die Auslöser genauer erläutert.

Ruhensanordnung bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist

Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Der Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung ist dabei unerheblich.

Verzögerung der Zahlung

Durch das Ruhen des Anspruchs wird der Beginn der Zahlung von Arbeitslosengeld zeitlich hinausgeschoben. Die Anspruchsdauer als solche wird hiervon grundsätzlich nicht berührt.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer vereinbart mit dem Arbeitgeber zum 30.07. eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, obwohl die Kündigungsfrist nach arbeitsvertraglicher Regelung bis zum 30.09. andauert. Zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses erhält er eine Abfindungszahlung. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht trotz vorzeitiger Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erst ab Ende der eigentlichen Kündigungsfrist, also zum 01.10., weshalb der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom 01.08. bis zum 30.09. ruht. Erst ab dem 01.10. kann der Gekündigte Arbeitslosengeld beziehen.

Zweck der Ruhens-Regelung

Der gesetzlichen Regelung verfolgt den Zweck, die Verkürzung der Kündigungsfristen gegen Zahlung einer Abfindung zu unterbinden.

Das Gesetz bestraft ein Geschäft mit den Kündigungsfristen, indem es das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für die Dauer der erhandelten Kündigungsfrist anordnet.

Wird die Kündigungsfrist eingehalten, kommt eine Anrechnung der Abfindung grundsätzlich nicht in Betracht.

ALG kein Ersatz für Gehalt

Der Gesetzgeber will zudem ausschließen, dass Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistung erbracht wird, während infolge der Verkürzung der Kündigungsfrist der Anspruch auf vertragsgemäße Gehaltszahlung bewusst zum Erlöschen gebracht wurde.

Insbesondere da der Arbeitslose für die Verkürzung der Fristen zugleich eine Abfindung erhält, die damit verdecktes Arbeitsentgelt enthält. Der Gesetzgeber bewertet das als missbräuchliche Inanspruchnahme von Doppelzahlungen.

Übrigens: Handelt es sich bei der Abfindung um ein verdecktes Entgelt, werden Sozialabgaben fällig! Mehr dazu unter Abfindung und Sozialversicherung.

Folgen der Ruhensanordnung für die Sozialversicherung

Ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist der Betroffene während dieses Zeitraumes auch nicht mehr sozialversichert.

Das bedeutet, dass für die Dauer des Ruhens des Arbeitslosengeldes von der Bundesagentur für Arbeit keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden.

Dagegen kann die Ruhenszeit vom Rentenversicherungsträger ggf. als beitragsfreie Anrechnungszeit berücksichtigt werden.

Dies gilt aber in der Regel nur dann, wenn der Arbeitslose während dieser Zeit für Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit auch tatsächlich zur Verfügung steht.

Verhaltensmaßregeln für Arbeitnehmer

Arbeitnehmern kann vor diesem Hintergrund nur dringend geraten werden, die ordentliche Kündigungsfrist bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einzuhalten, wenn die Parteien sich auf die Zahlung einer Abfindung verständigt haben.

Insbesondere sollte keine Einigung getroffen werden, die die Verkürzung der Kündigungsfrist vorsieht. Dies ist nur nachteilig für den Arbeitnehmer. Er riskiert nicht nur die Anrechnung seiner Abfindung auf das Arbeitslosengeld, sondern er wird bei Ruhen des Bezugsanspruchs auch selbst für elementaren Sozialversicherungsschutz sorgen müssen.

Dauer der Ruhenszeit

Die Ruhenszeit beginnt am ersten Kalendertag, nach dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses.

Sie endet spätestens an dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis geendet hätte, wenn es unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden wäre.

Der Anspruch ruht jedoch längstens für die Dauer eines Jahres (§ 158 SGB III).

Beispiel: Das Arbeitsverhältnis endet zum 31.05., der letzte Arbeitstag wäre aber der 31.06. unter Berücksichtigung der eigentlichen Kündigungsfrist. Vom 01.06. bis einschließlich 31.06. ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Höhe der Anrechnung einer Abfindung auf das Arbeitslosengeld

Die Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld ist in der Höhe von Alter und Betriebszugehörigkeit abhängig (§ 158 Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III).

Dabei können maximal 60% der Abfindung auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld angerechnet werden, mindestens jedoch 25%.

Genauer gesagt wird die Anrechnung der Abfindung ab einem Alter von 35 Jahren um 5% für je fünf Jahre Betriebszugehörigkeit als auch für je fünf Lebensjahre reduziert, bis zum Erreichen von 25%. Nutzen Sie die vereinfachte Darstellung in unserer Tabelle zur Veranschaulichung.

Anrechnung der Abfindung in Abhängigkeit von Alter und Betriebszugehörigkeit

BetriebszugehörigkeitAlter
Jahreab 35ab 40ab 45ab 50ab 55ab 60
0 – 460%55%50%45%40%35%
5 – 955%50%45%40%35%30%
10 -1450%45%40%35%30%25%
15 -1945%40%35%30%25%25%
20 – 2440%35%30%25%25%25%
25 – 2935%30%25%25%25%25%
30 – 3430%25%25%25%25%25%
35 – …25%25%25%25%25%25%

Beispiel: Ein Mitarbeiter, der 42 Jahre alt ist und bereits 13 Jahre für das Unternehmen tätig war, bekommt eine Abfindung in Höhe von 16.250 Euro für das vorzeitige Beenden des Arbeitsverhältnisses (120 Tage früher). Die Abfindung wird aufgrund des Alters und der Betriebszugehörigkeit zu 45% auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Eigentlich hätte der Mitarbeiter 120 Tage lange gar keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, durch die Anrechnung von nur 45% (7.312,50 Euro) der Abfindung auf das ALG hat er aber anteilig doch Anspruch darauf. Um zu ermitteln, wie lange der Anspruch auf Arbeitslosengeld nun tatsächlich ruht, muss berechnet werden, wie lange der Arbeitnehmer gebraucht hätte um die 7.312,50 Euro zu verdienen. Bei einer Abfindung von 16.250 Euro liegt ein Monatsgehalt von 2.500 Euro zugrunde, was ein tägliches Bruttogehalt (bei 30 Kalendertagen) von 83 Euro ergibt. Folglich braucht der Mitarbeiter 88 Tage, um den Anrechnungsbetrag zu erreichen, weshalb der Anspruch für 88 Tage ruht.

Ausschlussfälle der Ruhensanordnung

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis mit einer Frist beendet wurde, die der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entspricht.

Er ruht auch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis von vornherein befristet war und durch den Ablauf der Frist sein Ende gefunden hat. Der Arbeitslose behält auch dann seinen Anspruch, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen konnte (§ 158 Absatz 2 Satz 2 Nr.2 und 3 SGB III).

Kein Ruhen bei Nichtleistung der Abfindung

§ 158 Abs. 4 SGB III bestimmt, dass bei Nichtleistung der versprochenen Entlassungsentschädigung oder bei Gefährdung der Realisierung des Abfindungsanspruches (etwa im Falle von Liquiditätsschwierigkeiten des Arbeitgebers) Arbeitslosengeld auch in der Zeit gewährt wird, in der der Anspruch darauf eigentlich ruht.

Achtung: Als Konsequenz geht der Abfindungsanspruch auf die Bundesagentur für Arbeit in der Höhe über, in der während des Ruhenszeitraumes Arbeitslosengeld gewährt wurde.

Erfahren Sie mehr dazu, in welchen Fällen Anspruch auf eine Abfindung besteht unter Abfindung – Anspruch.

Sperrzeit für Bezug von Arbeitslosengeld I

Dem Arbeitslosen droht die Verhängung einer Sperrzeit (§ 159 SGB III), wenn er das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

Das Wichtigste in Kürze

Wie lange Sperrzeit bei Abfindung?

Die Sperrzeit beträgt in der Regel 12 Wochen und ist nicht von der Zahlung einer Abfindung abhängig, sondern von den Umständen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Hat der Arbeitnehmer selbst gekündigt oder wurde wegen vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten entlassen, droht eine Sperre.

Was muss ich beachten wenn ich eine Abfindung bekomme?

Wird nach einer Abfindung ALG 1 bezogen, findet grundsätzlich keine Anrechnung dieser statt. Es kann aber zum zeitlich begrenzten Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld kommen, was nicht grundlegend mit der Abfindung, sondern mit den Umständen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zusammenhängt, bspw. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor eigentlicher Kündigungsfrist.

Wird die Abfindung auf das ALG 1 angerechnet?

Grundsätzlich wird die Abfindung nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Angerechnet wird nur, wenn bspw. die vereinbarte Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde.

Titelbild: Mathias Rosenthal/ shutterstock.com

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