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Arbeitsunfähigkeit und Lohnfortzahlung bei Quarantäne

Frau mit Atemschutzmaske hinter Fenster

Die „Corona-Pandemie“ und die starke Verbreitung des Virus SARS-CoV-2 sind eine enorme Herausforderung für die Gesellschaft. Neben Angst um die Gesundheit hat die Situation zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit im Arbeitsfeld geführt. Eines der Themen: die Quarantäne. Dieser Artikel beantwortet Fragen rund um Quarantänemaßnahmen.

Teil I: Arbeitsunfähigkeit melden

Wenn sich ein Arbeitnehmer krank fühlt oder Symptome bemerkt, kann er sich arbeitsunfähig melden. Je nach Regelungen im Arbeitsvertrag muss sich der Kranke beim Arbeitgeber krankmelden und nach in der Regel spätestens drei Tagen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.

Grundsätzlich gilt dieses Vorgehen auch bei einem Verdacht auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 oder Symptome für COVID-19. Allerdings sind hier zwei Besonderheiten zu beachten.

  1. Die gesetzlichen Krankenkassen haben sich mit der Kassenärztlichen Vereinigung zu Beginn der „Corona-Pandemie“ auf eine Sonderreglung geeinigt. Diese erlaubt es den Versicherten, ohne Besuch einer Arztpraxis eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für 14 Tage zu erhalten. Voraussetzung ist jedoch, dass sie an einer Infektion im oberen Rachenraum leiden, den Arzt telefonisch die Symptome schildern und dieser eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erstellt. Je nach Symptomatik kann der Arzt weitere Maßnahmen wie einen Test veranlassen.
    Achtung: Diese Regelung gilt befristet vorerst bis zum 23.06.2020. Betroffene sollten sich später vorab beim Arzt über ihre Gültigkeit informieren.
  2. Liegt ein Verdacht oder ein positiver Test auf eine Infektion wie zum Beispiel mit dem SARS-CoV-2-Virus vor, können die zuständigen Gesundheitsbehörden zusätzlich Quarantänemaßnahmen verhängen.

Erhalten Arbeitnehmer eine Lohnfortzahlung bei Erkrankung an COVID-19?

Ja. Liegt eine bescheinigte Arbeitsunfähigkeit vor, folgt daraus für Arbeitnehmer die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Dauert die Erkrankung mehr als sechs Wochen an, erhalten Betroffene eine Zahlung in Höhe des Krankengeldes.

Ausnahme: Ist der Erkrankte weniger als vier Wochen bei seinem Unternehmen beschäftigt, erhält er direkt Krankengeld.

Wichtig: Bei einer meldepflichtigen Erkrankung mit zum Beispiel COVID-19 ändert sich diese Regel für Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Bei einer Quarantänemaßnahme sind jedoch andere Institutionen für die Finanzierung zuständig. Details folgen unten im Abschnitt zur Quarantäne.

Dürfen Arbeitnehmer aus Angst vor einer Erkrankung zu Hause bleiben?

Nein. Sofern keine amtliche oder ärztliche Anordnung besteht, sind Arbeitnehmer zur Erfüllung ihres Arbeitsvertrages verpflichtet. Sollten Arbeitnehmer jedoch Kontakt zu einem Infizierten gehabt haben oder aus einem Risikogebiet eingereist sein, ist der Arbeitgeber zu unterrichten. Dieser entscheidet ggf. über Maßnahmen, um eine potenzielle Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz zu vermeiden. Das gilt auch, wenn in der Belegschaft jemand meldepflichtig erkrankt ist.

Lesenswert: Infektionsschutz am Arbeitsplatz: Welche Corona-Regeln gelten im Büro?

Teil II: Quarantäne

Eine Quarantäne sieht das Infektionsschutzgesetz bei einigen meldepflichtigen Krankheiten wie COVID-19 vor. Die zuständigen Behörden können in diesem Fall eine Quarantäne auf Basis des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) verhängen. In der Regel bedeutet dies für Infizierte bzw. Erkrankte, das Haus nicht verlassen und keine Kontakte zu Nicht-Haushaltsmitgliedern haben zu dürfen. Zugleich müssen die Haushaltsmitglieder meistens ebenfalls in Quarantäne. Der Staat kann sogar eine lokale, regional oder bundesweite Quarantäne für alle Bürger beschließen.

Wer kommt für die Lohnfortzahlung während der Quarantäne auf?

Wenn ein Arbeitnehmer in Quarantäne ist, gibt es zwei typische Fälle:

  1. Der Arbeitnehmer ist erkrankt und in Quarantäne: In diesem Fall greifen die üblichen Regeln zur Lohnfortzahlung sowie zum Krankengeld.
  2. Der Arbeitnehmer steht unter Quarantäne, ist jedoch nicht erkrankt: In diesem Fall greift das Infektionsschutzgesetz. Dieses spricht dem Arbeitnehmer eine Entschädigung zu. Die Höhe orientiert sich gemäß § 56, Absatz 2 IfSG an den Regelungen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie des Krankengeldes. Die daraus resultierende Summe ist für Betroffene also gleich.
    Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied. Denn für die Entschädigung kommt die zuständige Behörde auf. Die Zuständigkeit hängt von Landesrecht ab. Häufig handelt es sich dabei um das örtliche Gesundheitsamt. Der Arbeitgeber zahlt zwar den Lohn weiterhin aus. Er kann sich diese Summe nach § 56, Absatz 5 IfSG jedoch von der Behörde innerhalb von drei Monaten nach Ende der auferlegten Quarantänezeit erstatten lassen. Die Adresse des Gesundheitsamtes, können Unternehmen beim Robert Koch Institut abfragen.

Was passiert bei einer Quarantäne im Ausland?

Eine besondere Situation sind Quarantänemaßnahmen im Ausland. Bei einer COVID-19-Erkrankung oder einer anderen Gesundheitsgefahren können Staaten bestimmte Personen oder Gebiete unter Quarantäne stellen. Bei der Beurteilung sind mehrere Fälle zu unterscheiden.

  • Ist der Arbeitnehmer erkrankt, gelten die üblichen, oben genannten Regeln.
  • Steht der Arbeitnehmer unter Quarantäne, ist jedoch arbeitsfähig, greifen die gesetzlichen Regelungen des jeweiligen Staates. Ist keine vergleichbare Entschädigung wie im deutschen IfSG vorgesehen, hat der Arbeitnehmer möglicherweise keinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Allerdings fehlen bislang Urteile zum Thema Auslandsquarantäne. Eine abschließende Beurteilung ist somit nicht möglich.
  • War der Arbeitnehmer beim Beginn der Maßnahmen für das Unternehmen im betreffenden Land tätig, gilt er als vorübergehend ins Ausland entsandt. Damit basiert diese Tätigkeit auf seinem Arbeitsvertrag und somit deutschem Recht. Das heißt: Der Angestellte ist denen in Deutschland gleichgestellt und profitiert von Entschädigungen gemäß IfSG.

Muss ein nicht-erkrankter Arbeitnehmer während der Quarantäne arbeiten?

Es gibt Personen wie zum Beispiel Haushaltsmitglieder von Infizierten, die ohne Infektion oder Symptome unter Quarantäne stehen. Diese sind arbeitsfähig und grundsätzlich zum Erfüllen des Arbeitsvertrages verpflichtet. Das ist jedoch nur möglich, wenn der Arbeitgeber seinen Angestellten die Arbeit aus dem Home Office ermöglicht oder einen mobilen Arbeitsplatz zuweist. Sollten diese Möglichkeiten nicht bestehen, muss der Betroffene nicht arbeiten.

Was gilt, wenn das Kind wegen einer Infektion unter Quarantäne steht?

Bei einer Infektion des Kindes mit SARS-CoV-2 stehen üblicherweise alle Haushaltsmitglieder unter Quarantäne. Sollte dies ausnahmsweise anders sein oder aber eine andere meldepflichtige Krankheit vorliegen, kommt das einkommensabhängige Kinderkrankengeld für zehn, bei Alleinerziehenden 20 Tagen zum Tragen. Die Erkrankung muss ärztlich attestiert sein und der Elternteil muss das Kind pflegen.

Wird Urlaub auf die Quarantänezeit angerechnet?

Nein. In keinem Fall ist dies zulässig.

Darf ein Arbeitgeber während der Quarantäne Kurzarbeit veranlassen?

Ja, er kann für den gesamten Betrieb oder Teile davon Kurzarbeit veranlassen. Voraussetzung ist die Zustimmung der Arbeitnehmer oder eine entsprechende Betriebsvereinbarung. Sollte sich in dieser Zeit zugleich Betroffene in Quarantäne befinden, reduziert sich auch ihre daraus resultierende Leistung gemäß IfSG entsprechend.

Darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern während einer Quarantäne kündigen?

Es gilt das Kündigungsschutzgesetz. Der Arbeitgeber muss für seine Maßnahme personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Argumente nennen. Eine Kündigung ist dann auch während der Quarantäne zulässig. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass eine solche Maßnahme ohne vorliegendes erhebliches Fehlverhalten (bspw. Teilnahme an einer „Coronaparty“) wegen der Quarantänemaßnahme rechtswirksam wäre.

Titelbild: Liudmyla Guniavaia / shutterstock.com

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