Das Hauptproblem beim Verstehen von Arbeitszeugnissen liegt in der oft verschlüsselten Sprache, die viele Möglichkeiten der Akzentsetzung und Nuancierung bietet. Viele Arbeitgeber nutzen diese besondere Zeugnissprache, um versteckte Botschaften zu übermitteln. Deshalb ist es wichtig, sich mit den Arbeitszeugnis Formulierungen zu beschäftigen, um sie richtig zu entschlüsseln und die daraus resultierenden Noten zu verstehen.
Wortwahl
Als Ausgangspunkt gilt der Grundsatz, dass der Arbeitgeber einen eigenen Beurteilungs- und Ermessensspielraum bei der Formulierung des Zeugnisses für sich in Anspruch nehmen kann. Der Arbeitnehmer hat deshalb keinen Anspruch auf einen bestimmten Zeugniswortlaut oder auf einzelne Formulierungen. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall der arbeitsgerichtlichen Überprüfung des Zeugnisses. Da dem Gericht eine uneingeschränkte Kontrollbefugnis zufällt, kann es den Arbeitgeber gegebenenfalls zur Aufnahme bestimmter Formulierungen in das Zeugnis verurteilen.
Verschlüsselungen und ihre Bedeutung
Die sprachlichen Schattierungen und Variationsmöglichkeiten, die dem Zeugnisverfasser kraft seines Formulierungsspielraumes eröffnet sind, geben immer wieder Anlass zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Bei aller Vielfalt der Zeugniscodierungen in der Praxis lassen sie sich im Allgemeinen bestimmten Hauptgruppen zuordnen. Dabei ist allerdings stets der Hinweis mitzulesen, dass Vergröberungen und Pauschalierungen einladen können zu Missdeutungen und Fehlschlüssen.
Gerade wegen der unerschöpflichen sprachlichen Gestaltungsmittel ist die Gefahr eines Wiedererkennungseffekts vermeintlich bedenklicher Formulierungen besonders groß – zumal die Zeugnisgrundsätze der Wahrheit und des Wohlwollens mitunter zusätzliche Kompromisse bei der textlichen Fassung erzwingen können.
Eine bestimmte Formulierung kann sich vor diesem Hintergrund als gänzlich unverfänglich erweisen, wenn sie im Kontext zum übrigen Zeugnisinhalt gelesen wird. Eine unvoreingenommene Lektüre des Zeugnisses kann deshalb vor vorschnellen Kategorisierungen bewahren.
Übertreibungen im Arbeitszeugnis
Ein Arbeitszeugnis, in dem Superlative aneinandergereiht werden, ist von vornherein überaus kritisch zu bewerten. Ergeht sich das Zeugnis in lobenden Übertreibungen des Arbeitnehmers, ist rasch die Grenze zur Ironie überschritten, und nicht selten ist damit gerade der gegenteilige Aussagegehalt verbunden. Überzogene und maßlose Formulierungen, in welchen sich der zu beurteilende Arbeitnehmer nicht wieder erkennen kann, können daher codierte Andeutungen sein, die dem Arbeitnehmer eben jene Qualitäten absprechen, die zu würdigen das Zeugnis vorgibt.
Betonung von Selbstverständlichkeiten
Verräterisch kann auch die Herausstellung von Selbstverständlichkeiten sein, die mit der ausgeübten Tätigkeit im engeren Sinne nichts zu tun haben. Als Musterfall kann die bereits (VI. 1 b) vorgestellte Beurteilung gelten: „ Er war stets pünktlich.“ Formulierungen dieser Art können Verlegenheitsfloskeln darstellen, wenn sich das Zeugnis ansonsten zu den Leistungen des Arbeitnehmers mehr oder weniger ausschweigt. Dann drängt sich die Sinndeutung auf, dass der Arbeitnehmer in keiner Weise durch seine Arbeitsleistung auf sich aufmerksam gemacht, sondern bestenfalls Dienst nach Vorschrift geboten hat.
Ähnliches gilt, wenn das Zeugnis sich im Wesentlichen darauf beschränkt, bestimmte soziale Vorzüge oder Qualitäten des Arbeitnehmers herauszustreichen. Lobt der Arbeitgeber Umgänglichkeit, Höflichkeit und Hilfsbereitschaft des Arbeitnehmers, verliert aber kein Wort über die erbrachte Leistung, ist dem regelmäßig zu entnehmen, dass er mit der Arbeit unzufrieden war.
Handelt es sich um eine verantwortungsvolle Position, wird im Zeugnis mehr erwartet als nur die Aufzählung von Selbstverständlichkeiten. Steht im Zeugnis über den Arbeitnehmer in leitender Stellung, „er hat sich für die Belange des Unternehmens eingesetzt“, oder „er hat seine Sachkunde stets zur Durchführung der ihm zugewiesenen Aufgaben eingesetzt“, handelt es sich um Floskeln, die mehr bemänteln sollen, als dass sie etwas Positives mitteilen würden. Denn regelmäßig muss von einem leitenden Mitarbeiter erwartet werden, dass er sich nach Kräften für die Interessen seines Arbeitgebers einsetzt.
Solche Formulierungen breiten Banalitäten aus und lassen die eigentlich maßgeblichen Punkte unerwähnt. Damit lassen sie zugleich erkennen, dass die unerörtert gebliebenen Umstände nicht zum Vorteil des Arbeitnehmers gereichen.
Nichterwähnung wichtiger Eigenschaften
Der Nichterwähnung bestimmter berufs- oder tätigkeitsrelevanter Eigenschaften kann im Einzelfall ebenfalls Aussagewert beigemessen werden. Dies wird man namentlich dann annehmen müssen, wenn die unerwähnten Kriterien von ganz spezifischer Bedeutung für den jeweiligen Berufskreis sind.
Attestiert das Arbeitszeugnis der Kassiererin nicht die für ihre Tätigkeit ebenso kennzeichnende wie unerlässliche Ehrlichkeit, nährt diese Auslassung den Verdacht, dass es daran gerade gemangelt hat. Findet die für eine Führungskraft essentielle Sachkunde und Leitungskompetenz im Zeugnis keinerlei Erwähnung, erlaubt auch das den Rückschluss auf ein entsprechendes Versagen in gerade den für diese Tätigkeit typischerweise erwarteten Kernfähigkeiten.
Reihenfolge der Beschreibungen
Auch die Abfolge der einzelnen Zeugniskomplexe kann versteckte Hinweise enthalten, die dem Arbeitnehmer ungünstige Schlussfolgerungen erlauben. Werden im Zeugnis zunächst in aller Breite die Einschätzungen zum Verhalten des Arbeitnehmers abgehandelt, und folgt erst dann eine Auseinandersetzung mit den Arbeitsleistungen, ist mit dieser Umkehrung der üblichen Reihenfolge zugleich eine mittelbare Wertung verbunden. In besonderem Maße gilt dies, wenn die Ausführungen zur Arbeitsleistung und zum übrigen Verhalten auch quantitativ in einem erkennbaren Missverhältnis stehen.
Darstellung untergeordneter Aufgaben vor den Hauptaufgaben
Derselbe Wertungsmechanismus liegt einem Zeugnis zugrunde, wenn in der Beurteilung der Arbeitsleistungen die weniger bedeutsamen Aufgaben und Pflichten vor den wesentlichen Funktionen und Arbeiten gewürdigt werden. Auch in solchen Fällen wird von der gängigen Aufeinanderfolge des Wichtigen vor dem Unwichtigen in offenkundiger Weise abgewichen. Wird bei einem kaufmännischen Mitarbeiter die Erledigung täglicher Büroroutine an die Spitze der Leistungsbewertung gestellt, bevor seine Einbindung an einer für den Betrieb wichtigen Investitionsentscheidung angeführt wird, ist davon auszugehen, dass er in dieser Situation keine maßgebliche und erfolgreiche Rolle gespielt hat.
Verwendung von Einschränkungen
Der Benutzung einschränkender Formulierungen kann gleichfalls Signalcharakter zukommen. Ausdrücke und Wendungen dieser Art offenbaren ihre einen Aussagegehalt abschwächende Besonderheit und Natur zumeist bei bloßer Lektüre, weshalb die Zeugniscodierung in diesen Fällen augenfällig ist. Heißt es im Arbeitszeugnis, der Arbeitnehmer habe „insgesamt“ mit seiner Arbeitsleistung überzeugt, bedeutet dies, dass der Arbeitgeber nicht im Besonderen mit der Arbeitsleistung zufrieden ist, sondern nur im Allgemeinen, und mithin eingeschränkt. Einige weitere Wendungen dieses Typs sind „in der Regel“, „im Großen und Ganzen“, „im Allgemeinen“ und „alles in allem“.
Verwendung inhaltsleerer Floskeln
Untersagt schon der Zeugnisgrundsatz der individuellen Beurteilung eine undifferenzierte und pauschale Verwendung von textlichen Versatzstücken und Gemeinplätzen im Zeugnis, so finden sich in der Praxis dennoch immer wieder Beispiele dafür. Auch solchen Zeugnissen liegt eine missbilligende Aussagetendenz zugrunde, denn der Arbeitgeber bekundet damit zugleich, dass es abseits allgemeiner Redewendungen und Belanglosigkeiten nichts gibt, was er der Erwähnung wert hält.
Inhaltsverzeichnis
Arbeitszeugnis Noten – Übliche Formulierungen und ihre Bedeutung
In der Praxis hat sich rund um das Wort „Zufriedenheit“ ein Katalog von gemeinhin anerkannten und immer wiederkehrenden Standardformulierungen im Arbeitszeugnis herausgebildet. Die Liste lehnt sich an die gängigen Schulnoten von „Sehr Gut“ bis „Mangelhaft“ an, so dass eine Entschlüsselung der Bedeutung und Bewertung möglich ist.
Übliche Arbeitszeugnis Noten mit Beispielen
Danach sind mit folgenden Arbeitszeugnis Formulierungen die in Klammern gesetzten Noten verbunden (hier am Beispiel der gezeigten Arbeitsleistungen):
- „Sie hat ihre Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllt.“ (= Sehr Gut / Note 1)
- „Sie hat ihre Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erfüllt.“ (= Gut / Note 2)
- „Sie hat ihre Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erfüllt.“ (= Befriedigend / Note 3)
- „Sie hat ihre Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erfüllt.“ (= Ausreichend / Note 4)
- „Sie hat ihre Aufgaben insgesamt/im Allgemeinen/im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erfüllt.“ (= Mangelhaft / Note 5)
Üblich für eine mangelhafte Arbeitszeugnis Bewertung sind ferner folgende Formulierungen:
- „Sie hat sich (stets) bemüht, die ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen.“
- „Sie hat ihre Aufgaben mit Fleiß und Interesse erledigt.“
- „Sie zeigte für ihre Arbeit Verständnis.“
Übliche Formulierungen und Noten für Verhalten mit Beispielen
Bei der einen oder anderen terminologischen Abweichung im Einzelfall hat sich auch für den Verhaltensbereich eine orientierungsfähige Formulierung im Arbeitszeugnis entwickelt, die decodierbar ist. Auch ihr liegen die Noten „Sehr Gut“ bis „Mangelhaft“ zugrunde. Dabei gilt der erste Satz in der Bewertung dem Sozialverhalten des Arbeitnehmers, der folgende betrifft das Verhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen (Führungsverhalten).
- „Aufgrund ihres immer freundlichen Wesens und ihrer ständigen Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie überall besonders beliebt. Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war in jeder Hinsicht vorbildlich.“ (= Sehr Gut / Note 1)
- „Aufgrund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie überall beliebt. Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war stets vorbildlich.“ (= Gut / Note 2)
- „Aufgrund ihres freundlichen Wesens und ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit war sie allgemein beliebt. Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war einwandfrei.“ (= Befriedigend / Note 3)
- „Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war nicht zu beanstanden.“ (= Auseichend / Note 4)
- „Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war in der Regel nicht zu beanstanden.“ (= Mangelhaft / Note 5)
Lesetipp: Arbeitszeugnis anfechten
Weitere Formulierungen und ihre Bedeutung
Von diesen Muster- und Standardformulierungen, über deren Verständnis Einigkeit herrscht, gibt es eine Reihe von Abwandlungen und Kombinationen, die zwar nicht den klassischen Noten entsprechen, aber oftmals in Arbeitszeugnissen Verwendung finden. Teilweise greifen sie auf Bestandteile der Standardformulierungen zurück und erweitern oder ergänzen diese. Auch über ihre Deutung besteht weitgehend Konsens:
- „Sie zeigte reges Interesse an ihrer Arbeit.“ (= Mitarbeiterin hatte keinen Erfolg)
- „Ihr Verhalten war höflich und korrekt.“ (= durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Bewertung)
- „Sie zeigte sich bemüht.“ (= mangelhafte Arbeitsleistung)
- „Sie war fleißig.“ (= demonstrative Herausstellung von Fleiß kann je nach Standort in der Leistungsbeschreibung Erfolglosigkeit bedeuten; es kommt aber auf den Kontext an)
- „Wir haben sie als freundliche und zuverlässige Mitarbeiterin kennen gelernt.“ (= die Formulierung „kennen gelernt“ in Kombination mit einem Adjektiv drückt regelmäßig aus, dass die Eigenschaft gerade fehlt)
Was gehört nicht in ein Arbeitszeugnis?
Bestimmte Tatsachen und Umstände dürfen nicht in das Zeugnis aufgenommen werden. Es geht hierbei somit nicht um die nach § 109 Absatz 2 Satz 1 Gewerbeordnung nicht erlaubten Codewörter. Sie stellen immer Wertungen von Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers dar, während es sich bei den an dieser Stelle zu erörternden Aussagen um Angelegenheiten und Sachverhalte handelt, die im Tatsächlichen wurzeln. Ihre Bezeichnung im Zeugnis widerspräche dem Grundsatz des Wohlwollens und würde den Arbeitnehmer in unzulässiger Weise in seinem beruflichen Fortkommen behindern.
Finden derartige Umstände gleichwohl Erwähnung, steht dem Arbeitnehmer ein Berichtigungsanspruch zu. Ganz allgemein lassen sich die entsprechenden Tatsachen untergliedern in solche, die rein privater Natur sind und solche, die in Zusammenhang stehen mit dem Arbeitsverhältnis.
Nicht zeugnisfähige persönliche Tatsachen
Hierher gehören sämtliche Umstände, die der Privatsphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen sind. Nicht zeugnisfähig sind zum Beispiel Hinweise auf Vorstrafen, eine Gewerkschafts- oder Parteizugehörigkeit, Alkoholprobleme, Führerscheinverlust, Behinderungen, Scheidung oder Äußerungen zu finanziellen Schwierigkeiten oder zur persönlichen Vermögenssituation im Allgemeinen.
Nicht zeugnisfähige Tatsachen in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis
Unter das Erwähnungsverbot fallen etwa die Kündigungsgründe, sofern der Arbeitnehmer selbst nicht ausdrücklich ihre Benennung wünscht. Unzulässig sind zudem Anmerkungen zu Nebentätigkeiten, der Höhe des Verdienstes, einem nur vorübergehenden Nachlassen in der Arbeitsleistung, dem Widerruf von Prokura, der Tätigkeit im Betriebsrat, der Teilnahme an einem Streik, dem Verdacht einer Straftat am Arbeitsplatz (es sei denn, es liegt tatsächlich und erwiesenermaßen eine Straftat am Arbeitsplatz vor). Ebenso wenig darf ein Verhalten in das Zeugnis aufgenommen werden, das zu einer Abmahnung geführt hat. Der Arbeitgeber hat außerdem krankheitsbedingte Fehlzeiten unerwähnt zu lassen.
Bewertungsfelder
Im Mittelpunkt der Zeugnis-Noten steht die Bewertung der gezeigten Arbeitsleistungen in der ausgeübten Tätigkeit. Auf sie wird der spätere Arbeitgeber bei der Zeugnislektüre sein Hauptaugenmerk richten, denn sie soll Aufschluss darüber geben, in welchem Maße der Arbeitnehmer den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachgekommen ist und insbesondere, wie er den fachlichen und stellenspezifischen Anforderungen gerecht geworden ist.
Daneben wird der Arbeitgeber auch dem sonstigen Verhalten große Bedeutung zumessen, das sich in das Sozialverhalten und das Führungsverhalten unterteilen lässt. Schließlich finden sich in Zeugnissen auch Beurteilungen, die die Entwicklung des Arbeitnehmers, seine Belastbarkeit oder Auffassungsgabe betreffen. Allerdings sind die Übergänge und Grenzen zwischen diesen Bewertungsfeldern und der Leistungsbeurteilung gelegentlich fließend, so dass sich eine rein schematische Betrachtung verbietet und es ebenso vertretbar ist, sie generell dem Lager der Arbeitsleistungsbeurteilung zuzuschlagen.
Tätigkeitsbeschreibung
Das Arbeitszeugnis sollte immer ein vollständiges Abbild der erbrachten Leistungen in der betreffenden Tätigkeit darstellen. Die Tätigkeitsbeschreibung geht der Leistungsbeurteilung voraus und charakterisiert die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und erläutert sämtliche tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben. Sie bildet gewissermaßen das Tatsachenfundament, auf dem die Leistungsbewertung aufbaut. Das Bundesarbeitsgericht hält im Rahmen einer Tätigkeitsbeschreibung nur solche Umstände für nicht aufnahmebedürftig, die für die Bewertung unwesentlich sind.
Leistungsverhalten
In Anlehnung an die bereits vorgestellte und in der Praxis weithin verbreitete Notenskala kann der Arbeitgeber die einzelnen Elemente und Teilaspekte der Arbeitsleistung beurteilen. Hat die Auflistung oben lediglich die Leistungszusammenfassungen wiedergegeben, sollen im Folgenden Teilbereiche des Leistungsverhaltens in ihrer wertenden Veranschaulichung durch die Zeugnissprache beleuchtet werden.
Arbeitsweise
Für die Art und Weise der Arbeitserledigung hat sich ebenfalls eine generelle Sprachregelung entwickelt. Wenngleich es auch hier terminologische Abstufungen gibt und ihre Handhabung durch keine Vorschrift geregelt oder vorgeschrieben wäre, sind die Formulierungen doch im Allgemeinen anerkannt. Danach lassen sich folgenden Formulierungen in Arbeitszeugnissen die entsprechenden Noten von „Sehr Gut“ bis „Mangelhaft“ zuordnen:
- „Die ihr übertragenen Aufgaben führte sie stets äußerst eigenständig und sorgfältig aus“ (= Sehr Gut / Note 1)
- „Die ihr übertragenen Aufgaben führte sie stets eigenständig und sorgfältig aus“ (= Gut / Note 2)
- „Die ihr übertragenen Aufgaben führte sie eigenständig und sorgfältig aus.“ (= Befriedigend / Note 3)
- „Die ihr übertragenen Aufgaben wurden mit Sorgfalt und Genauigkeit erledigt.“ (= Ausreichend / Note 4)
- „Die ihr übertragenen Aufgaben wurden insgesamt mit Sorgfalt und Genauigkeit erledigt.“ (= Mangelhaft / Note 5)
Fachwissen
- „Ihr umfassendes und besonderes Fachwissen ermöglichte stets weit überdurchschnittliche Arbeitsergebnisse.“ (= Sehr Gut / Note 1)
- „Ihr gutes Fachwissen wendete sie stets mit großem Erfolg bei der Arbeitserledigung an.“ (= Gut / Note 2)
- „Sie verfügt über ein solides Fachwissen.“ (= Befriedigend / Note 3)
- „Sie verfügt über das notwendige Fachwissen.“ (= Ausreichend / Note 4)
- „Sie zeigte im Rahmen der Arbeitserledigung das notwendige Fachwissen, das sie wiederholt Erfolg versprechend einsetzte.“ (= Mangelhaft / Note 5)
Leistungsbereitschaft
- „Sie legte stets ein sehr hohes Maß an Tatkraft und Leistungsbereitschaft an den Tag.“ (= Sehr Gut / Note 1)
- „Sie legte ein hohes Maß an Tatkraft und Leistungsbereitschaft an den Tag.“ (= Gut / Note 2)
- „Sie zeigte Einsatzbereitschaft.“ (= Befriedigend / Note 3)
- „Sie zeigte auch Einsatzbereitschaft.“ (= Ausreichend / Note 4)
Bemerkenswert ist, dass bei mangelhafter Leistungsbereitschaft eine analoge Formulierung fehlt. Der Zeugnisgrundsatz des Wohlwollens gebietet in diesem Fall die Nichterwähnung. Gleichwohl wird jedem geübten Zeugnisleser die Auslassung auffallen. Man spricht daher von „beredtem Schweigen“.
Eignung und Auffassungsvermögen
- „Sie besitzt ein sehr gutes/hervorragendes Urteilsvermögen, das sie in besonderer Weise für die Tätigkeit befähigt.“ (= Sehr Gut / Note 1)
- „Sie besitzt ein gutes Urteilsvermögen, das sie mit großem Erfolg bei ihrer Arbeit eingesetzt hat.“ (= Gut / Note 2)
- „Sie besitzt ein in jeder Hinsicht den Anforderungen entsprechendes Urteilsvermögen.“ (= Befriedigend / Note 3)
- „Sie besitzt ein den Anforderungen entsprechendes Urteilsvermögen.“ (= Ausreichend / Note 4)
- „Sie besitzt alles in allem ein den Anforderungen entsprechendes Urteilsvermögen.“ (= Mangelhaft / Note 5)
Sonstiges Verhalten
Das sonstige Verhalten ist bereits in seinen beiden Erscheinungsformen (Sozialverhalten und Führungsverhalten) anhand der gebräuchlichen Musterformulierungen illustriert worden. Es gilt im Übrigen auch in diesem Bereich der Grundsatz des beredten Schweigens. Enthält das Arbeitszeugnis keine Beurteilungen zum Sozial- oder Führungsverhalten des Arbeitnehmers, ist in der Regel auf eine entsprechende Konfliktlage zu schließen.
Weitere beurteilungsfähige Bereiche
Wie erwähnt, ist es eine Frage der Handhabung, zusätzliche Beurteilungen außerhalb des Leistungsbereiches gesondert anzuführen. Mitunter geschieht dies, und der Zeugnisverfasser widmet weiteren Bezügen zum Beschäftigungsverhältnis einen eigenen Abschnitt. Das kann etwa für Fort- und Weiterbildungsbereitschaft, Entwicklung oder Belastbarkeit gelten, soweit diese Gesichtspunkte nicht schon in die Leistungsbeurteilung eingeflossen sind.
Zur Verdeutlichung nachfolgend beispielhafte Formulierungen der Note „Befriedigend„:
- „Sie entwickelte ihr Fachwissen fort.“ (zur Entwicklung des Arbeitnehmers)
- „Sie übernahm bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Verantwortung.“ (zur Übernahme von Verantwortung)
- „Sie nahm das Angebot auf Fortbildung an. Von dem erworbenen Wissen hat sie in einer in jeder Hinsicht zufrieden stellenden Weise im Rahmen ihrer Arbeitserledigung Gebrauch gemacht.“ (zur Fort- und Weiterbildungsbereitschaft)
- „Mit ihrer beständigen Mitarbeit waren wie in jeder Hinsicht zufrieden.“ (zur Belastbarkeit)
Arbeitszeugnis Schlussformel
In der Schlussformel des Arbeitszeugnisses können sich die Beurteilungen für Arbeitsleistung und übriges Verhalten spiegeln. Auch hierfür bieten bestimmte Formulierungen Orientierung. Dabei drückt der erste Teil der Schlussformel typischerweise den Dank für die geleistete Arbeit aus, der zweite Teil enthält die Zukunftswünsche:
- „Wir bedauern das Ausscheiden von Frau X außerordentlich und bedanken uns für die stets hervorragenden Leistungen. Für ihre berufliche und private Zukunft wünschen wir ihr alles Gute und auch weiterhin viel Erfolg.“ (Prädikat „Sehr Gut“ – Note 1)
- „Wir bedauern das Ausscheiden von Frau X und bedanken uns für die stets guten Leistungen. Für ihre berufliche und private Zukunft wünschen wir ihr alles Gute und weiterhin Erfolg.“ (Prädikat „Gut“ – Note 2)
- „Wir bedauern das Ausscheiden von Frau X und bedanken uns für die guten Leistungen. Für ihre berufliche und private Zukunft wünschen wir ihr alles Gute und Erfolg.“ (Prädikat „Befriedigend“ – Note 3)
- „Wir bedanken uns für die Mitarbeit von Frau X. Für ihre Zukunft wünschen wir ihr alles Gute.“ (Prädikat „Ausreichend“ – Note 4)
- „Wir bedanken uns für die Bemühungen von Frau X. Für ihre Zukunft wünschen wir ihr alles Gute.“ (Prädikat „Mangelhaft“ – Note 5)
Arbeitszeugnis soll wohlwollend formuliert sein
Das Arbeitszeugnis soll den Zugang zu einer neuen Anstellung eröffnen helfen. Die Rechtsprechung fordert deshalb, dass das Zeugnis nicht nur der Wahrheit entsprechen, sondern auch mit verständigem Wohlwollen verfasst werden muss. Die Pflicht zu wohlwollender Formulierung bedeutet insbesondere bei schlechteren Zeugnissen die Nichterwähnung negativer Tatsachen.
Ausklammerung negativer Umstände
Beispiele zur Auslassung dem Arbeitnehmer ungünstiger Tatsachen sind bereits vorgestellt worden. Die Herausforderung des Zeugnisverfassers besteht darin, die Verpflichtung zur Erstellung eines wohlwollenden Zeugnisses mit dem Wahrheitsgebot in angemessener Weise aufeinander abzustimmen. Vor dem Hintergrund eines ständig verbesserten Rechtsschutzes gegen fehlerhafte Arbeitszeugnisse entspricht es mittlerweile der Praxis, möglichst viel, wenn nicht alles an negativen Feststellungen und Beurteilungen im Zeugnis auszublenden. In nicht wenigen Fällen können solche Zeugnisse die Grenze zum rechtlich noch Vertretbaren streifen, denn sie verstoßen nicht nur gegen den Grundsatz der Vollständigkeit, sondern entwerten bisweilen auch die Zeugniswahrheit.
Ausklammerung ganzer Bewertungsfelder – Beredtes Schweigen
Besonders anfechtbar ist die Unterschlagung ganzer Zeugniskomplexe. So kann sich das Zeugnis zu wesentlichen Teilen des Leistungsverhaltens oder zum Sozialverhalten des Arbeitnehmers ausschweigen. Die Rechtsprechung zum Zeugnisrecht ordnet diese Fälle unter die Kategorie des beredten Schweigens ein. Die Nichterwähnung zentraler Aspekte des Arbeitsverhältnisses in der Zeugnisbeurteilung ist dabei zwar von dem Bemühen geleitet, dem Grundsatz des Wohlwollens Rechnung zu tragen und mögliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Andererseits ist diese Technik der Zeugnisgestaltung aber durchaus ambivalent, denn die indirekte Botschaft, die der Zeugnisleser über das beredte Schweigen empfängt, läuft regelmäßig ebenfalls auf ein für den Arbeitnehmer negatives Ergebnis hinaus. So verhält es sich beispielsweise, wenn das Zeugnis einen berufswesentlichen Aspekt übergeht. Schweigt das Arbeitszeugnis zu der für einen Bankmitarbeiter elementaren Ehrlichkeit, kann der Auslassung nur der Sinngehalt entnommen werden, dass es an dieser Eigenschaft gerade gefehlt hat.
Bei aller Kritik kann die Unterdrückung unbequemer Wahrheiten dennoch einige Legitimität für sich in Anspruch nehmen. Denn immerhin enthält sich das Zeugnis in diesen Fällen einer offen negativen Wertung und überlasst es dem Leser eigene Schlüsse zu ziehen.
Gebot der Widerspruchsfreiheit
Neben einer angemessenen Beurteilung des Arbeitnehmers muss das Zeugnis insbesondere in sich stimmig und frei von Unvereinbarkeiten sein. Ein solcher Widerspruch liegt vor, wenn der Zeugnistext nicht der Beurteilung entspricht. Bescheinigt der Arbeitgeber im Zeugnis dem Arbeitnehmer hervorragende Aufgaben- und Pflichterfüllung, muss sich dies niederschlagen in einer entsprechenden Leistungsbeurteilung. Orientiert sich der Arbeitgeber an der üblichen Notenskala, kann die Leistungszusammenfassung in diesem Fall nur lauten:
- „Er hat seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllt.“
Allein diese Formulierung spiegelt nach anerkannter Praxis den hervorragenden Zeugnisinhalt in zutreffender Weise wider. Heißt es in der Leistungszusammenfassung dagegen
- „Er hat seine Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erfüllt.“
so setzt sich diese nur befriedigende Benotung in Widerspruch zu den inhaltlichen Aussagen, die ersichtlich die Note „Sehr Gut“ bedingen. Das Zeugnis wäre daher widersprüchlich und könnte erfolgreich mit dem Zeugnisberichtigungsanspruch angefochten werden. Der Arbeitgeber muss sich dann entscheiden, ob er den Zeugnisinhalt in seinem positiven Tenor beschneidet und der Note „Befriedigend“ anpasst, oder ob er die Leistungszusammenfassung neu fasst und sie mit den Zeugnistatsachen in Einklang bringt.
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