Fällt das Elterngeld aufgrund einer verspäteten Lohnzahlung zu gering aus, so ist der Arbeitgeber hierfür haftbar zu machen und muss Schadenersatz zahlen. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf (LAG) mit Urteil Az: 12 Sa 716/19 vom 27.04.2020.
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Arbeitnehmerin befand sich im Beschäftigungsverbot
Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, welche in den letzten drei Monaten des Jahres 2017 kein Gehalt erhalten hatte und dadurch Einbußen beim Elterngeld hinnehmen musste. Zu diesem Zeitpunkt war die Arbeitnehmerin schwanger und befand sich im Beschäftigungsverbot, welches bereits im September 2017 durch den zuständigen Betriebsarzt festgestellt wurde.
„Sonstige Bezüge“ kein Einkommen beim Elterngeld
Der Arbeitgeber überwies der Arbeitnehmerin das Gehalt für die Monate Oktober bis Dezember 2017 erst nachträglich im März 2018. Lohnsteuerrechtlich handelt es sich daher nicht mehr um laufenden Arbeitslohn sondern um „sonstige Bezüge“ – mit der Folge, dass es nicht mehr als relevantes Einkommen beim Elterngeld berücksichtigt wurden (LStR 39b.2 Abs. 2).
Gehalt muss für Elterngeld durchgängig sein
Damit das Gehalt jedoch als laufendes Arbeitsentgelt für 2017 bei der Berechnung des Elterngeldes anerkannt werden konnte, hätte der Arbeitgeber dieses bis spätestens zum Ablauf der dritten Woche des Folgejahres 2018 auszahlen müssen (§ 2c Abs. 1 BEEG).
Das monatliche Elterngeld der Arbeitnehmerin betrug als Konsequenz nur 348,80 Euro anstatt 420,25 Euro.
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Arbeitgeber muss Elterngelddifferenz zahlen
Das Landesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitnehmer die Differenz des Elterngeldes sowie die entstanden Steuerberatungskosten der Beschäftigte im Wert von 341,32 Euro auszahlen muss.
Geringe Mitschuld – Klägerin stimmte zuvor Vergleich zu
Das Gericht wies der Arbeitnehmerin jedoch eine geringe Mitschuld zu, da sie – vor Ablauf der dreiwöchigen Frist im Januar 2018 – einem Vergleich mit einer Widerrufsfrist bis zum 09.03.18 zugestimmt hatte. Dabei hatte der Arbeitgeber angeboten, das ausbleibende Gehalt nach einer erneuten Bescheinigung eines Arztes, auszuzahlen. Diesem hatte die Arbeitnehmerin zugestimmt.
Aus diesem Grund erhielt die Klägerin nur 70 % des fehlenden Elterngeldes.
Anfechtung des Arbeitsvertrages nicht relevant
Der Arbeitgeber hatte den Arbeitsvertrag angefochten mit der Begründung, die Mitarbeiterin hätte ihn bei Vertragsabschluss im September 2017 nicht über die Schwangerschaft informiert. Das Landesarbeitsgericht entschied allerdings, dass diese Anfechtung des Arbeitsvertrages nicht für das Urteil relevant sei.
Tipp: Bei einem Bewerbungsgespräch darf eine Frau in Bezug auf eine mögliche Schwangerschaft lügen und diese auch verheimlichen (BAG Az: 2 AZR 621/01 vom 06.02.2003). Wird Sie eingestellt, genießt Sie den Kündigungsschutz bei Schwangerschaft.
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