Maskenpflicht, Sicherheitsabstand und Co.: Es gibt viele Wege, sich im Alltag gegen das neuartige Coronavirus zu schützen. Auch am Arbeitsplatz sollten sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte Maßnahmen zum Schutz vor einer Infektion ergreifen.
Inhaltsverzeichnis
Aktuelles vom 20.01.2021
Die Bundesregierung hat beschlossen, die bisher gelten unten aufgeführten Arbeitsschutzmaßnahmen zu verschärfen. Dies umfasst die folgenden Regelungen:
Homeoffice
Arbeitgeber müssen ihren Mitarbeitern – wo immer möglich – die Arbeit von zuhause aus ermöglichen, sofern dem keine betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Arbeitnehmer, die nicht im Homeoffice arbeiten können, sind vom Arbeitgeber durch geeignete Maßnahmen gleichwertig zu schützen. Arbeitsminister Heil kündigte Kontrollen durch die Arbeitsschutzbehörden an.
Kontaktreduzierung im Betrieb
Im Allgemeinen sind betriebsbedingte Zusammenkünfte mehrerer Personen auf das notwendige Minimum zu reduzieren. Dabei gilt, dass Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten in möglichst kleine Arbeitsgruppen eingeteilt werden und zeitversetzt arbeiten müssen.
10 Quadratmeter pro Person
Müssen betriebliche Räume von mehreren Personen gleichzeitig genutzt werden, müssen pro Person 10 m² zur Verfügung stehen.
Maskenpflicht bei der Arbeit
Müssen Arbeitnehmer im Betrieb arbeiten, ist der Arbeitgeber verpflichtet medizinische Gesichtsmasken oder FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen, wenn innerhalb der Betriebsstätte die Anforderungen an Räume und Abstand (s. Abstand am Arbeitsplatz) nicht eingehalten werden können.
Die neuen Regelungen sollen befristet vom 27.Januar 2021 bis zum 15. März 2021 gelten.
Arbeitsschutzregel der Bundesregierung
Die Corona-Krise ist noch nicht ausgestanden. Auf Grund der steigenden Fallzahlen ordnete die Bundesregierung im November 2020 verstärkte Infektionsschutzmaßnahmen im privaten und öffentlichen Raum an. Das Coronavirus macht jedoch auch vor der Bürotür nicht Halt.
Zum Schutz der Beschäftigten veröffentlichte das Bundesarbeitsministerium in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin vor diesem Hintergrund einen SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard, der durch die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel vom 20. August 2020 konkretisiert wurde. Die Bundesregierung gibt damit bundesweit einheitliche Regelungen zum Infektionsschutz am Arbeitsplatz vor, bis das Ende der „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 IfSG vom Bundestag im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht wird.
Das Bundesarbeitsministerium empfiehlt Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Einhaltung der Regelungen in allen Wirtschaftsbereichen und nicht nur in bestimmten Branchen. Wir haben die wesentlichen Eckpunkte der Arbeitsschutzregel zusammengefasst.
Gefährdungsbeurteilung
Die Arbeitsschutzregel umfasst sowohl technische als auch organisatorische und personenbezogene Maßnahmen. Die Rangfolge der Schutzmaßnahmen ergibt sich für Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes aus den Prinzipien des § 4 Arbeitsschutzgesetzes. Dem TOP-Prinzip folgend haben technische Maßnahmen Vorrang vor organisatorischen Maßnahmen und diese wiederum Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen.
Welche der in der Arbeitsschutzregel beschriebenen Maßnahmen in den konkreten Betriebssituationen als sinnvoll zu erachten sind, hängt von der Beurteilung der vor Ort bestehenden Gefährdungen ab. Diese ist vom Arbeitgeber gem. § 5 Arbeitsschutzgesetz zwingend durchzuführen. Bereits bestehende Gefährdungsbeurteilungen müssen vor dem Hintergrund der Covid-19 Pandemie überprüft und aktualisiert werden.
Arbeitgeber können sich dabei an den branchenspezifischen Konkretisierungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger zum Schutz vor dem Coronavirus orientieren (Arbeitsschutzregel, Ziffer 3 Abs. 1). Soweit vorhanden, ist der Personalrat in die Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung miteinzubeziehen (Arbeitsschutzregel, Ziffer 3, Abs. 2), Mitarbeiter sind gemäß § 15 Arbeitsschutzgesetz zur Mitwirkung verpflichtet. Der betriebliche Arbeitsschutzstandard ist dabei dynamisch an den Pandemieverlauf anzupassen.
Technische Maßnahmen
Arbeitsplatzgestaltung
In Betriebsstätten, in denen es nicht möglich ist, einen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten, müssen wirksame Alternativen ergriffen werden, wie zum Beispiel die Installation von Abtrennungen (Arbeitsschutzregel, Ziffer 4.2.1). Beide Seiten der Abtrennung sind arbeitstäglich von beiden Seiten zu säubern.
Sanitärräume, Kantinen und Pausenräume
Die Abstandsregelungen sind auch in Sanitärräumen, Pausenräumen und Kantinen einzuhalten. Um dies zu gewährleisten, können beispielsweise Abstandsmarkierungen auf dem Fußboden angebracht oder zeitlich versetzte Nutzungen geplant werden.
Beschäftigten müssen in Kantinen und Pausenräumen Möglichkeiten zur Handhygiene bereitgestellt werden. Laut Arbeitsschutzregel hat der Arbeitgeber zudem dafür Sorge zu tragen, dass seinen Mitarbeitern in Sanitärräumen „leicht erreichbare Waschgelegenheiten mit fließendem Wasser, ausreichend hautschonender Flüssigseife und Einrichtungen zum hygienischen Trocknen der Hände“ zur Verfügung stehen (Arbeitsschutzregel, Ziffer 4.2.2 Abs. 2). Die Verwendung von Warmlufttrocknern ist hierbei zu vermeiden. Sanitärräume müssen mindestens einmal täglich gereinigt werden.
Büro lüften
In Arbeitsstätten muss gemäß Arbeitsschutzregel, Ziffer 4.2.3 „gesundheitlich zuträgliche Atemluft“ vorhanden sein. Da sich das Coronavirus unter anderem über sogenannte Aerosole – also virenbelastete Luftpartikel – verbreitet, wird in Büroräumen eine Lüftungsfrequenz von 60 Minuten empfohlen. Besprechungsräume sollten unterdessen jeweils vor ihrer Nutzung und währenddessen alle 20 Minuten gelüftet werden. Die Nutzung von Umluftanlagen, die nicht über eine geeignete Lüftungsfilter verfügen, sollte unterbleiben, um eine erneute Zuführung von möglicherweise belasteten Aerolosen zu vermeiden.
Homeoffice
Die Heimarbeit bietet dem Arbeitgeber ggf. die Möglichkeit, die Anzahl der anwesenden Mitarbeiter in einer Betriebsstätte zu reduzieren. Mitarbeiter sind dabei
„im Hinblick auf einzuhaltende Arbeitszeiten, Arbeitspausen, darüber notwendige Dokumentation, die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und die Nutzung der Arbeitsmittel, zum Beispiel korrekte Bildschirmposition, möglichst separate Tastatur und Maus, richtige und wechselnde Sitzhaltung und Bewegungspausen zu unterweisen“ (Arbeitsschutzregel, Ziffer 4.2.4 Abs. 2).
Dazu: Homeoffice: Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer
Besprechungen und Dienstreisen
Besprechungen und Dienstreisen sind auf das für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe notwendige Maß zu beschränken. Dabei ist zu prüfen, ob und inwiefern elektronische Kommunikationswege, wie Videotelefonie oder E-Mail stattdessen eingesetzt werden können (Arbeitsschutzregel, Ziffer 4.2.5).
Organisatorische Maßnahmen
Abstand am Arbeitsplatz
Mitarbeiter sollten zu jeder Zeit einen Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern zueinander einhalten. Das gilt sowohl für den Aufenthalt in Gebäuden als auch im Freien und in Fahrzeugen. In Betriebsstätten, in denen dies nicht möglich ist, müssen wirksame Alternativen ergriffen werden, wie zum Beispiel die Installation von Abtrennungen (Arbeitsschutzregel, Ziffer 4.2.1).
Arbeitszeiten und Pausen
Um den direkten Kontakt zwischen Mitarbeitern auf ein Minimum zu reduzieren, sollten Schichtwechsel, Pausen und Anwesenheitszeiten in Büroräumen möglichst entzerrt werden. Arbeitgeber können in diesem Rahmen auch versetzte Pausenzeiten anordnen.
Schichtarbeit anordnen
Der Arbeitgeber darf gemäß § 106 Gewerbeordnung auch Schichtarbeit anordnen, solange diese Maßnahme dem billigen Ermessen entspricht. Auf diese Weise kann das Aufeinandertreffen von großen Menschenmengen am Arbeitsplatz vermieden werden. Dabei ist jedoch auf berechtigte Belange der Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen.
Zutritt von betriebsfremden Personen
Grundsätzlich ist der Zutritt von Personen, die nicht in der betreffenden Betriebsstätte arbeiten gemäß Arbeitsschutzregel, Ziffer 4.2.10, Abs. 1 auf das notwendige Minimum zu reduzieren. Kann der Kontakt nicht über elektronische Kommunikationswege erfolgen, sind die Abstandsregelungen einzuhalten. Ist auch dies nicht realisierbar, müssen Mund-Nasen-Bedeckungen getragen werden.
Verdachtsfälle
Weisen Mitarbeiter Symptome einer Erkrankung der Atemwege auf, haben sie der Betriebsstätte fernzubleiben. Der Arbeitgeber hat betroffene Mitarbeiter aufzufordern, die Räumlichkeiten zu verlassen und sich in ärztliche Behandlung zu begeben (Arbeitsschutzregel, Ziffer 4.2.11). Eine Rückkehr zur Arbeit ist erst dann möglich, wenn der Verdacht auf eine Infektion mit Covid-19 von ärztlicher Seite aufgeklärt wurde.
Personenbezogene Maßnahmen
Mund-Nasen-Bedeckung
Sollten die Einhaltung des Sicherheitsabstandes oder die Installation von Abtrennungen nicht umzusetzen seien, müssen Mitarbeiter bei der Arbeit eine Mund-Nasen-Bedeckung zum gegenseitigen Schutz tragen (Arbeitsschutzregel, Ziffer 4.1 Abs. 3). Mund-Nasen-Bedeckungen sind vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen.
Aktive Kommunikation
Der Arbeitgeber hat seine Mitarbeiter gemäß § 12 Arbeitsschutzgesetz über Übertragungsrisiken zu informieren und über die erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen zu unterweisen.
Schutz gefährdeter Personen
Für Personen, die vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie als besonders schutzbedürftig zu erachten sind, muss der Arbeitgeber erforderliche individuelle Schutzmaßnahmen ergreifen (Arbeitsschutzregel, Ziffer 5.4). Dies kann in Zusammenarbeit mit einem Betriebsarzt erfolgen.
Verbindlichkeit der Arbeitsschutzregel
Die Frage nach der Verbindlichkeit der Arbeitsschutzregel ist nicht abschließend geklärt. Grundsätzlich müssen Arbeitgeber im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht gem. § 618 Abs. 1 BGB und § 3 Arbeitsschutzgesetz die nötigen Maßnahmen unter Berücksichtigung der Umstände ergreifen, um die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu schützen und die möglichst lange Aufrechterhaltung bzw. Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs sicherzustellen. In Zeiten der Pandemie schließt dies die Umsetzung entsprechender Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz ein.
Die Bundesregierung beschreibt die Arbeitsschutzregel als einheitliche Handlungsempfehlung für alle Arbeitgeber, um ihrer Fürsorgepflicht in der Corona-Pandemie angemessen nachzukommen und so Rechtsicherheit zu erlangen – allerdings stellt sie weder Gesetz, noch Rechtsverordnung dar.
Gleichzeitig ist die Arbeitsschutzregelung laut Bundesarbeitsministerium
„Richtschnur für Aufsichtsbehörden/Aufsichtsdienste bei der Beratung und Überwachung der Betriebe, für ggf. erforderliche Anordnungen zur Sicherstellung des betrieblichen Infektionsschutzes und notfalls auch für eine Sanktionierung bei Verstößen“.
Grundsätzlich gilt: Betriebe, die sich an die Schutzmaßnahmen halten, können laut Bundesarbeitsministerium davon ausgehen, dass sie rechtssicher handeln. Setzt der Arbeitgeber alternative Maßnahmen um, muss er im Zweifelsfall beweisen, dass diese ebenso effektiv im Schutz vor einer Infektion sind.
Arbeitgeber hält sich nicht an Arbeitsschutzstandards
Hält sich der Arbeitgeber nicht an die geltenden Arbeitsschutzstandards, sollten Mitarbeiter ihn darauf hinweisen. Verstößt der Arbeitgeber weiterhin gegen die Arbeitsschutzregeln, kann dies als Verletzung der Fürsorgepflicht gewertet werden. Arbeitnehmer haben dann das Recht, die Arbeit zu verweigern (§ 273 Abs. 1 BGB). Im Ernstfall kann eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers sogar zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers gemäß §§ 280 Abs. 1, 618 Abs. 1 BGB führen. In diesem Fall muss der Arbeitgeber beweisen, dass er entsprechende wirkungsvolle Schutzvorkehrungen getroffen hat. Beate Beermann, Fachbereichsleiterin der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, erklärt:
„Wenn die Maßnahmen so umgesetzt werden, erfüllt der Arbeitgeber seine Arbeitsschutzverpflichtungen während der Epidemie und ist rechtlich auf der sicheren Seite“.
Quelle: Arbeitsschutzregel
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