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Transfergesellschaft

Arbeiter mit Handschuhen bei der Produktion

Entschließt sich ein Unternehmen zu Entlassungen, einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat oftmals auf den Abschluss eines Sozialplans. (§ 112 Betriebsverfassungsgesetz). Dieser soll die wirtschaftlichen Nachteile mildern oder ausgleichen, die die von dem Personalabbau betroffenen Beschäftigten erleiden. Betriebsrat und Arbeitgeber legen zu diesem Zweck Abfindungsvereinbarungen für den Verlust der Arbeitsplätze im Sozialplan fest.

Sozialplan als Ausgleichsinstrument

Der Sozialplan ist ein reines Ausgleichsinstrument für die mit der Entlassung einhergehenden wirtschaftlichen Beeinträchtigungen der Arbeitnehmer. Die gekündigten Arbeitnehmer stehen also auch mit Sozialplan vor der sicheren Arbeitslosigkeit. Dies kann aber mit dem Beschluss eines Transfersozialplans und der Gründung einer Transfergesellschaft verzögert werden.

Alternative Transfersozialplan

Eine Alternative zum reinen Sozialplan ist die Einigung auf einen Transfersozialplan. Ihm liegt die Absicht zugrunde, den vom Wegfall des Arbeitsplatzes betroffenen Arbeitnehmern in erster Linie den Weg in ein neues Beschäftigungsverhältnis zu ebnen.

Durch beschäftigungswirksame Maßnahmen, namentlich durch Vermittlungs- und Qualifizierungsangebote, soll Arbeitnehmern der Übergang in eine andere Beschäftigung ermöglicht werden.

Den organisatorischen Rahmen hierfür bieten die Transfergesellschaften. Während dieser Zeit wird das Transferkurzarbeitergeld durch die Agentur für Arbeit gezahlt.

Zweck der Transfergesellschaft

Die Beschäftigung der Arbeitnehmer in dieser Gesellschaftsform ist kein Selbstzweck, sondern soll aktiv den Wiedereingliederungsprozess in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen. In der Praxis kommt dabei ein Bündel unterschiedlichster Maßnahmen in Betracht, die kombiniert zur Anwendung gelangen können. Exemplarisch seien folgende Inhalte genannt

  • Durchführung von fortbildenden Berufspraktika
  • Existenzgründungsberatung
  • Fortsetzung von Ausbildungen bei Auszubildenden
  • Gezielte Maßnahmen zur Hilfe bei Bewerbungen und Stellensuche
  • Maßnahmen zur Feststellung von Leistungsfähigkeit und Qualifizierungsbedarf auf dem Arbeitsmarkt (Profiling)
  • Maßnahmen arbeitsplatzbezogener Fort- und Weiterbildung
  • Kurzqualifizierungsmaßnahmen

Im Mittelpunkt dieser Gesellschaft steht stets das Bemühen, die von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmer möglichst schnell wieder in Beschäftigung zu bringen. Dies ergibt sich aus der Natur des Transfersozialplans, der ganz im Zeichen eine sozialverträglichen Personalabbaus steht.

Gesetzliche Regelung der Transfergesellschaft

Ihre gesetzliche Grundlage finden die Transfergesellschaften in § 216 Abs. 3 SGB III. Danach sind die betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Transfer-Kurzarbeitergeld bei der Verwirklichung einer förderungsfähigen Transfermaßnahme erfüllt, wenn

  • in einem Betrieb Personalanpassungsmaßnahmen aufgrund einer Betriebsänderung (§ 111 Betriebsverfassungsgesetz) durchgeführt und
  • die von Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer zur Vermeidung von Entlassungen und zur Verbesserung ihrer Eingliederungschancen in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE) zusammengefasst werden

Bei einer Transfergesellschaft im Sinne des § 216 Abs. 3 SGB III handelt es sich somit um eine organisatorisch und personell verselbständigte Gliederung, die arbeitsförderungsrechtlich wie ein eigenständiger Betrieb behandelt wird.

Wer kann eine Transfergesellschaft bilden?

In der Praxis erfolgt die Begründung einer Transfergesellschaft durch Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber.

Dabei können die Betriebsparteien den gesetzlich favorisierten Transfersozialplan in gleicher Weise nutzen, wie sie von der Möglichkeit Gebrauch machen können, sonstige kollektiv- oder individualvertragliche Vereinbarungen zu treffen.

Hinweis: In jedem Fall verpflichtet sich der Arbeitgeber in der Vereinbarung dazu, die notwendigen Mittel zur Finanzierung der Durchführung von Transfermaßnahmen bereitzustellen, die im Regelfall von Dritten umgesetzt werden.

Bei dieser dritten Partei kann es sich um die Transfergesellschaft selbst oder auch um einen mit der Durchführung von Bildungsmaßnahmen zu beauftragenden Träger handeln.

Liegen diese Voraussetzungen vor, kann die Beschäftigung der Arbeitnehmer in einer solchen Transfergesellschaft durch die Erbringung staatlicher Bezuschussung in Form von Transfer-Kug erfolgen. Das Transfer-Kug ist bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu beantragen.

Tipp: Dabei können die Betriebsparteien das im Gesetz verankerte Beratungsangebot der Agentur für Arbeit (§ 216a Abs. 4 SGB III) aber schon im Vorfeld möglicher betrieblicher Umstrukturierungen in Anspruch nehmen. Das kann nicht nur den Entscheidungsprozess über Einführung und Finanzierung beabsichtigter Transfermaßnahmen beschleunigen, sondern damit wird auch der gesetzlich angeordneten Mitteilungsverpflichtung des Arbeitgebers über bevorstehende betriebliche Veränderungen innerhalb seines Unternehmens Genüge getan (§ 2 Abs. 3 SGB III sowie § 17 Absätze 2 und 3 Kündigungsschutzgesetz bei geplanten Massenentlassungen).

Was ist ein „dreiseitiger Vertrag“?

Der dreiseitige Vertrag ist charakteristisch für die Transfergesellschaft und umschreibt die rechtstechnische Abwicklung der in ihr zu ordnenden vertraglichen Verhältnisse zwischen den Parteien.

Enthaltene Rechtsbeziehungen

Zunächst trifft der Arbeitgeber auf der Grundlage des mit dem Betriebsrat beschlossenen Transfersozialplanes eine Rahmenübereinkunft mit der dritten Partei, die sich verpflichtet, ein im Einzelnen festgelegtes Maßnahmenprogramm einzuhalten.

Hinweis: Dieses Maßnahmenprogramm kann die Errichtung und Leitung der Gesellschaft ebenso betreffen wie die Beschäftigung der Arbeitnehmer und die Realisierung bestimmter Ausbildungs- und Qualifizierungsschritte.

Haben sich dritte Partei und Arbeitgeber auf ein Kooperationsabkommen geeinigt und liegt die Mittelzusage der Arbeitsagentur für die Erbringung von Transfer-KuG vor, sind die Voraussetzungen für den Abschluss eines dreiseitigen Vertrages erfüllt.

Beendigung des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses

Der dreiseitige Vertrag gestaltet die Vertragsverhältnisse der in die Transfergesellschaft zu überführenden Arbeitnehmer grundsätzlich neu und stellt ihre künftige Beschäftigung unter ein anderes Rechtsregime.

Dabei schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag über das bisherige Beschäftigungsverhältnis, das auf diese Weise seine Beendigung findet.

Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages

Zugleich schließen die Arbeitnehmer einen befristeten Arbeitsvertrag mit der Transfergesellschaft mit der Folge, dass sich ihre vertraglichen Rechte und Pflichten nunmehr ausschließlich aus diesem Rechtsverhältnis ergeben.

Auswirkungen einer Abfindung vor Eintritt in die Transfergesellschaft

Eine Abfindungszahlung führt im Regelfall nicht zu einer späteren Sperrzeit bei dem Bezug von ALG I (§ 159 SGB III). Der Wechsel des Arbeitnehmers in die Transfergesellschaft ist fast immer ohne Alternative für den Betroffenen, will er nicht die Arbeitslosigkeit riskieren.

Auch wenn der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung schließt, der grundsätzlich eine Sperrzeit auslösen kann, werden die besonderen Voraussetzungen in diesen Fällen regelmäßig nicht vorliegen.

Denn weder fällt dem Arbeitnehmer mit dem Abschluss eines solchen Aufhebungsvertrages ein versicherungswidriges Verhalten zur Last noch fehlt es an einem wichtigen Grund für den Aufhebungsvertrag (§ 159 SGB III).

Auswirkungen auf zukünftiges Arbeitslosengeld

Das spätere Arbeitslosengeld wird auf Grundlage des Einkommens in den zwölf Monaten vor Beginn der Arbeitslosigkeit berechnet. Für in Transfergesellschaften Beschäftigte, die Transfer-KuG beziehen, ordnet das Gesetz als Bemessungsentgelt dasjenige Arbeitsentgelt an, das er ohne den Arbeitsausfall erzielt hätte (§ 131 Abs. 3 Nr.1 SGB III).

Als maßgebliches Bemessungsentgelt ist deshalb allein das unverminderte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das ohne Beschäftigungssicherungsvereinbarung und ohne Mehrarbeit erzielt worden wäre.

Auswirkung von Aufstockungsleistungen

Zudem erbringen Arbeitgeber mitunter Aufstockungsleistungen, die zwischen den Parteien ausgehandelt und entweder im Transfersozialplan selbst oder in Betriebsvereinbarungen festgelegt sind.

Dieser Zuschuss ist steuerpflichtig. Beitragspflicht zur Sozialversicherung besteht allerdings nur, wenn der gewährte Zuschuss zusammen mit dem Transfer-KuG 80% des ausgefallenen Arbeitsentgelts übersteigt.

Wird ein über diesen Grenzwert hinausgehender Zuschuss geleistet, ist ausschließlich der jeweilige Differenzbetrag sozialversicherungsrechtlich erheblich und damit beitragspflichtig.

Wie lange kann ein Mitarbeiter in der Transfergesellschaft bleiben?

Die Beschäftigungsdauer ist im Normalfall auf ein Jahr begrenzt, denn das Gesetz begrenzt die Bezugsfrist für das Transfer-KuG auf längstens zwölf Monate (§ 216b Abs. 8 SGB III).

Es gibt allerdings auch Unternehmen, die Arbeitnehmer über diesen Zeitraum hinaus in dieser Form ein zweites Jahr beschäftigen. Die anfallenden Personalkosten muss das Unternehmen in diesem Fall allerdings selbst tragen.

Einkommen in der Transfergesellschaft

Das über ein Jahr gezahlte Transfer-Kug entspricht in seiner Höhe dem Anspruch auf ALG I abzüglich der so genannten Remanenzkosten.

Remanenzkosten sind die Lohnbestandeile, die für Urlaubs- und Feiertage anfallen und für die kein Transfer-KuG geleistet wird. Regelmäßig hat vielmehr der abgebende Arbeitgeber diese Kosten zu tragen. Darüber hinaus erhalten Arbeitnehmer je nach getroffener Vereinbarung einen Aufstockungsbetrag zum Transfer-KuG.

Gehaltsumwandlung bei Transfergesellschaften

Von der Möglichkeit der Gehaltsumwandlung, beispielsweise in betriebliche Altersvorsorge, kann in Transfergesellschaften nicht Gebrauch gemacht werden. Ein Umwandlungsbegehren des Arbeitnehmers setzt regelmäßig umwandlungsfähiges Arbeitsentgelt voraus.

Gerade daran fehlt es aber bei dem geleisteten Transfer-KuG. Für diese Unterart des Kurzarbeitergeldes hat sich auch die Bezeichnung „Kurzarbeit Null“ eingebürgert.

Anders als bei dem herkömmlichen Kurzarbeitergeld, das bei Kurzarbeit als staatlicher Zuschuss zum reduzierten Arbeitslohn geleistet wird, dient die Transfergesellschaft der Wiedereingliederung des Arbeitnehmers in das Arbeitsleben. Er arbeitet daher nicht mehr im eigentlichen Sinne. In beiden Fällen (Kurzarbeitergeld und Transfer-KuG) handelt es sich um Entgeltersatzleistungen aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung (§ 116 SGB III), nicht aber um eigenes Einkommen, das umwandlungsfähig wäre.

Von Bedeutung ist zudem die sozialversicherungsrechtliche Behandlung des Zuschusses, der bis zur Höhe von 80% des Nettoarbeitsentgelts beitragsfrei ist.

Sozialversicherungsrechtlich liegt prinzipiell bei der Umwandlung von Entgeltansprüchen in Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung beitragspflichtiges Arbeitsentgelt vor. Schon aus diesen praktischen Erwägungen wird eine Entgeltumwandlung des Zuschusses kaum in Betracht kommen.

Kritischer Blick

Die Aufmerksamkeit eines breiteren Publikums ziehen Transfergesellschaften auf sich, wenn Großunternehmen Massenentlassungen organisieren müssen und zu diesem Zweck auf die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten in § 216b Absatz 3 SGB III zurückgreifen.

Einer der prominentesten Fälle war die Werksschließung des Unternehmens Nokia in Bochum und die im Zusammenhang hiermit ins Leben gerufene Auffanggesellschaft.

Die aus diesem Anlass verschiedentlich vorgebrachte Missbilligung ist beispielhaft und lässt sich durchaus als Grundsatzkritik verstehen. Sie setzt zunächst an dem System der großzügigen Subventionierung von Massenentlassung mit öffentlichen Mitteln an.

So hat sich im Fall von Nokia die Bundesagentur für Arbeit mit 20 bis 30 Millionen Euro an der Transfergesellschaft beteiligt, während das Unternehmen selbst 15 Millionen beigesteuert hat.

Zweifel an Effektivität und Nachhaltigkeit

Aber nicht nur die als unangemessen empfundene Lastenverteilung, die einer Teilfinanzierung der Entlassungen durch den Steuerzahler gleichkommt, erregte Missfallen. Ganz prinzipieller Widerspruch galt zudem dem Instrument der Transfergesellschaft als solchem.

Fachkreise bezweifeln Effektivität und Nachhaltigkeit der Vermittlungsbemühungen und verweisen auf Erhebungen, die belegen, dass etwa in NRW 41% der in Transfergesellschaften Beschäftigten unmittelbar nach ihrem Ausscheiden arbeitslos werden. Damit liegt die Vermittlungsquote nicht höher als bei den Arbeitsagenturen.

Vielfach, so lautet die Kritik weiter, betrachten Großunternehmen Transfergesellschaften lediglich als staatlich bezuschusste Auffangeinrichtungen, die es ihnen erlauben, massiven Personalabbau kostengünstig umzusetzen.

Das Wichtigste in Kürze

Was macht man in der Transfergesellschaft?

Eine Transfergesellschaft wird im Fall von Stellenabbau gegründet und von der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Dabei wechseln betroffene Mitarbeiter in ein befristetes Arbeitsverhältnis bei der entsprechenden Transfergesellschaft. Sie hat den Zweck die von Arbeitslosigkeit bedrohten Angestellten schnell wieder in Beschäftigung zu bringen.

Wie hoch ist das Arbeitslosengeld nach Transfergesellschaft?

Folgt nach Anstellung in der Transfergesellschaft der Bezug von Arbeitslosengeld, wird als Berechnungsgrundlage das Einkommen der letzten zwölf Monate vor der Arbeitslosigkeit, ohne Berücksichtigung des Arbeitsausfalls, herangezogen.

Ist eine Transfergesellschaft sinnvoll?

Es handelt sich um ein Mittel zur Weitervermittlung von Arbeitslosigkeit bedrohter Mitarbeiter. Gerade für Arbeitnehmer ist dies sinnvoll, da es immer einfacher ist aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus einen neuen Job zu finden, als aus der Arbeitslosigkeit.

Titelbild: Roman Zaiets – shutterstock.com

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