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Minijobber in Corona-Krise die größten Verlierer

Kellnerin mit Corona-Maske steht in geschlossenem Restaurant

So schön und flexibel Minijobs bzw. 450-Euro Jobs auch sein können, die Corona-Pandemie offenbart die Tücken der geringfügigen Beschäftigung. Betroffene stellt der Wegfall ihres Einkommens vor eine Krise von katastrophalem Ausmaß, da sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder – das in der Corona-Krise bewährte – Kurzarbeitergeld haben.

Corona-Krise: Kein Sicherheitsnetz für Minijobber

Die Corona-Krise ist noch nicht ausgestanden. Um das Infektionsgeschehen zu bremsen, beschloss die Bundesregierung die Verlängerung des Lockdowns. Die damit eingeführten Maßnahmen umfassen unter anderem die vorübergehende Schließung weiter Teile des Gastgewerbes, der Freizeit- bzw. Unterhaltungsbranche und des Einzelhandels (Supermärkte ausgenommen).

Für zahlreiche Arbeitgeber und Arbeitnehmer in sozialversicherungspflichtigen Jobs erwies sich in diesen Fällen das Kurzarbeitergeld als rettende Lösung, um ihre Arbeitsplätze und Existenzen zu sichern. Eine Arbeitnehmergruppe, die in den Corona-gebeutelten Branchen besonders häufig vertreten ist, bleibt dabei jedoch außen vor: die Minijobber.

Kein Kurzarbeitergeld bei Minijob

Sogenannte 450-Euro-Jobs sind nicht sozialversicherungspflichtig. Für Arbeitnehmer bedeutet dies auf der einen Seite, dass sie im Regelfall weder Beiträge für die Arbeitslosen-, Kranken– und Pflegeversicherung noch Lohnsteuerabgaben zahlen müssen. Auf der anderen Seite haben geringfügig Beschäftigte dadurch auch keinen Anspruch auf Arbeitslosen– oder Kurzarbeitergeld – dieser ist ausschließlich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten vorbehalten.

Minijob: Kein Anspruch Krankengeld

Da der Arbeitgeber für 450-Euro-Jobber nur einen pauschalen Krankenkassenbeitrag entrichtet, besteht für sie auch kein Anspruch auf Krankengeld. Minijobber haben im Krankheitsfall oder bei Schwangerschaft lediglich Anspruch auf eine 6-wöchige Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Darüber hinaus sind Minijobber auf sich allein gestellt.

Entwicklung der Minijobber in Corona-Krise

Im Klartext heißt das: Die Corona-Krise zog geringfügig Beschäftigten den Boden unter den Füßen weg und ließ sie ohne Sicherheitsnetz fallen. Veranschaulicht wird dies durch die Beschäftigungsstatistiken der Minijobzentrale, der zentralen Einzugs- und Meldestellen für geringfügige Beschäftigungen, sowie der Bundesagentur für Arbeit.

Hinweis: Die Statistiken der Minijobzentrale und der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der Gesamtzahlen aller geringfügig Beschäftigten unterscheiden sich deutlich, da die Datenerfassungszeiträume der Stellen voneinander abweichen können. Aus diesem Grund wird davon abgesehen, die absoluten Zahlen der BA zu berücksichtigen. Vielmehr soll die prozentuale Entwicklung dieser Zahlen der Veranschaulichung des beschriebenen Trends dienen.

Corona-Krise: Weniger Minijobber

Im Dezember 2019 gingen noch rund 6,7 Millionen Deutsche einer geringfügigen Beschäftigung nach, für 60 Prozent von ihnen war der Minijob zu diesem Zeitpunkt die einzige Beschäftigung. 1,1 Millionen aller Minijobber arbeiteten Ende 2019 im Gastgewerbe oder in der Kunst- und Unterhaltungsindustrie – fast 17 Prozent aller geringfügig Beschäftigten.

Im September 2020 – 6 Monate nach Ausbruch Corona-Pandemie in Deutschland – ist die Zahl der Minijobber insgesamt um mehr als 500.000 geringfügig Beschäftigte auf rund 6,15 Millionen gesunken. Ein Rückgang um fast 9 Prozent. Davon allein 200.000 Minijobber aus Gastgewerbe und Kunst- und Unterhaltungsbranche.

Gastgewerbe und Unterhaltungsbranche besonders betroffen

Der vierte Quartalsbericht der Minijobzentrale von Dezember 2020 offenbart das volle Ausmaß der Corona-Krise: Die Zahl der Minijobber ist im letzten Quartal des Jahres auf 5.822.007 gesunken – ein Rückgang um 12,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Laut Bundesagentur für Arbeit ist der Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten in dieser Zeit um fast 10 Prozent zurückgegangen.

Die Zahl der geringfügig Beschäftigten im Gastgewerbe sank in dieser Zeit um sage und schreibe 50 Prozent auf 434.013. Im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung sank die Zahl der Minijobber ebenfalls signifikant um 38,8 Prozent auf 135.242 im 1-Jahres-Vergleich. Während im Dezember 2019 noch 16,32 Prozent aller Minijobber im Gastgewerbe und Unterhaltungsbereich beschäftigt waren, machten diese Branchen ein Jahr später nur noch etwas mehr als 9 Prozent aller geringfügig Beschäftigten aus.

Lohnfortzahlung durch Arbeitgeber oft nicht möglich

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber weiter zur Lohnzahlung verpflichtet, wenn die vertragliche Arbeitsleistung des geringfügig Beschäftigten aus betrieblichen Gründen nicht benötigt wird, der Minijobber jedoch arbeitswillig und -fähig ist. Dies ergibt sich aus der sogenannten Betriebsrisikolehre gemäß § 615 Satz 3 BGB.

BMAS: Personalausfälle durch Corona sind Betriebsrisiko

Zu solchen betrieblichen Gründen zählen laut Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auch Fälle, in denen es angesichts Coronavirus-Erkrankungen im Betrieb zu „Personalausfällen oder Versorgungsengpässen in deren Folge der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit vorübergehend einstellen würde“.

Die Pandemie stellt besonders Arbeitgeber in Gastgewerbe sowie Kunst- und Unterhaltungsbranche vor bisher nie dagewesene Herausforderungen, die sie nicht selbst zu vertreten haben. Ohne Einnahmen ist eine Fortzahlung des Lohnes ist unter diesen Aspekten oft schlichtweg nicht nicht möglich. Minijobber werden dabei völlig vor den Kopf gestoßen.

Welche Hilfen gibt es für Betroffene?

Ohne Anspruch auf Kurzarbeitergeld können geringfügig Beschäftige nicht auf gesonderte Corona-Hilfen der Regierung hoffen. Bei dem coronabedingten Verlust ihrer geringfügigen Beschäftigung bleibt Betroffenen lediglich der Antrag auf Sozialleistungen wie Hartz IV oder Wohngeld. Liegt beim Arbeitgeber ein Insolvenzereignis vor, können Arbeitnehmer zudem Insolvenzgeld beatragen.

Insolvenzgeld

Kann der Arbeitgeber seinen Zahlungsverpflichtungen die Arbeitnehmer nicht mehr oder nicht vollständig nachkommen, muss in der Regel das Insolvenzverfahren aufgrund Zahlungsunfähigkeit eröffnet werden.

Ist beim Arbeitgeber ein Insolvenzereignis eingetreten – sei es die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Ablehnung mangels Masse – können alle betroffenen Mitarbeiter Insolvenzgeld bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen, sofern sie in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzereignis keinen Lohn erhalten haben – dies gilt auch für 450-Euro-Minijobber. Das Insolvenzgeld wird durch die Agentur für Arbeit einmalig in Höhe des Nettolohns der letzten 3 Monate vor Eröffnung oder Ablehnung des Insolvenzverfahrens gezahlt. Um Ansprüche zu sichern, gilt es die Antragsfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beachten.

Wichtig: Um die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern, wurde die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Diese galt zunächst bis zum 30.09.2020 und wurde anschließend bis zum 31.01.2021 und schlussendlich bis zum 30.04.2021 verlängert.

Vereinfachter Zugang zu Hartz IV Leistungen

Um die schnelle und unbürokratische Auszahlung existenzsichernder Leistungen zu garantieren, hat die Bundesregierung mit dem Sozialschutzpaket I von März 2020 den Zugang zu Hartz IV vorübergehend erleichtert. Dies schließt die folgenden Maßnahmen ein:

Einschränkung der Vermögensprüfung

Bevor ein Anspruch auf Hartz IV (ab 2023: Bürgergeld) bestehen kann, muss der Lebensunterhalt zunächst aus dem eigenen Einkommen bzw. Vermögen bestritten werden. In Zeiten der Corona-Krise fällt die Prüfung der Vermögensverhältnisse für Antragssteller weg, sofern das Vermögen nicht erheblich ist. Dabei gelten laut § 21 Wohngeldgesetz die folgenden Höchstgrenzen:

• 60.000 Euro für das erste zu berücksichtigende Haushaltsmitglied und
• 30.000 Euro für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied.

Achtung: Laut Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen können dabei jedoch keine pauschal festgelegten Vermögensgrenzen gelten. Vermögen müsse dann als erheblich gelten, wenn im Einzelfall für jedermann ersichtlich sei, dass ein Anspruch auf Grundsicherung nicht gerechtfertigt sein könne.

Mehr dazu auf Buergergeld.org: Bürgergeld Schonvermögen

Übernahme der tatsächlichen Wohnkosten

Hartz IV Empfänger haben ein Anspruch auf die Übernahme der Wohnkosten. Das Jobcenter übernimmt die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) allerdings nur, sofern diese nach den örtlichen Richtlinien der Städte und Kommunen als angemessen gelten. Durch die Maßnahmen des Sozialschutzpakets werden die Leistungsträger jedoch vorrübergehend verpflichtet, die tatsächlichen Wohnkosten – ungeachtet ihrer Angemessenheit – zu übernehmen. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Hartz IV Antragssteller ihre Wohnung aufgeben müssen, weil diese nach geltenden Richtlinien als zu teuer gilt.

Wohngeld

Beim Wohngeld handelt es sich um einen staatlichen Zuschuss zu den Wohnkosten. Anspruch auf Wohngeld besteht aber nur, wenn Antragssteller ein gewisses Mindesteinkommen nachweisen können. Dieses berechnet sich aus dem Hartz IV Regelsatz (446 Euro bei Alleinstehenden) und der Warmmiete:

Hartz IV Regelsatz zzgl. ggfls. Mehrbedarf (§ 21 SGB II) + Warmmiete (inkl. Heizkosten)

Insofern können von der Corona-Krise betroffene Minijobber nur Anspruch auf Wohngeld haben, sofern sie nicht ausschließlich geringfügig beschäftigt waren, sondern lediglich im Rahmen eines Nebenjobs. Laut aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sind rund 41,10 Prozent aller Minijobber im Nebenjob geringfügig beschäftigt.

Mehr Infos zum Wohngeld auf Wohngeld.org

Ausblick

Wie die Statistiken beweisen, leiden Minijobber besonders unter dem Corona-Lockdown. Der Rückgang der geringfügig Beschäftigten korreliert mit den Verschärfungen der Maßnahmen im Rahmen des Lockdowns und verdeutlicht einen konkreten Handlungsbedarf seitens der Bundesregierung. Ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld brechen Minijobbern in der Pandemie oft wichtige Einnahmequellen weg – letztlich bleibt ihnen dann nur der Antrag auf Sozialleistungen. Neben dringend nötigen Hilfspaketen spielen auch Lockerungen und Öffnungsmaßnahmen eine zentrale Rolle darin, geringfügig Beschäftigten in den besonders betroffenen Branchen wieder auf die Beine zu helfen. Den Anfang macht vor diesem Hintergrund das Friseurgewerbe, das auch viele 450-Euro-Jobber beschäftigt. Seit dem 01. März 2021 dürfen Friseure unter strengen Hygieneauflagen wieder Haare schneiden. Bleibt zu hoffen, dass sich die Wirkung dieser Lockerungsmaßnahme positiv in den diesjährigen Quartalsberichten der Minijob-Zentrale niederschlägt.

Quellen:

Das Wichtigste in Kürze

Hat ein geringfügig Beschäftigter Anspruch auf KUG?

Minijobber haben mangels Sozialversicherungspflicht keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Diese Leistung aus der Arbeitslosenversicherung ist ausschließlich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten vorbehalten.

Bekommen Minijobber Krankengeld?

Im Krankheitsfall haben geringfügig Beschäftigte Anspruch auf bis zu 6 Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Darüber hinaus haben sie keinen Anspruch auf Krankengeld von der Krankenversicherung.

Welche Corona-Hilfen gibt es für Minijobber?

Minijobber sind in der Corona-Krise zum größten Teil auf sich gestellt. Ohne Anspruch auf Kurzarbeitergeld, bleibt ihnen lediglich der Antrag auf Hartz IV, Insolvenzgeld oder Wohngeld.

Bild: Halfpoint/ shutterstock.com

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