Gekündigte Arbeitnehmer haben in der sog. Prozessbeschäftigung während des laufenden Kündigungsschutzprozesses ab dem Tag nach Wirksamwerden der Kündigung, mangels eines gültigen Arbeitsvertrages keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie an gesetzlichen Feiertagen. Wie das BAG in einem aktuellen Urteil bestätigte, muss der Arbeitgeber nur die Arbeitszeit ersetzen, in der auch tatsächlich gearbeitet wurde BAG vom 27.05.2020 unter Az.: 5 AZR 247/19).
Im verhandelten Sachverhalt wurde einem seit November 2010 beschäftigtem Schlosser mit Schreiben vom 31. August 2015 fristgerecht zum 30. September 2015 die Kündigung ausgesprochen. Hiergegen erhob der Schlosser Kündigungsschutzklage
Das Arbeitsgericht Iserlohn erklärte die Kündigung erstinstanzlich für unwirksam und verurteilte den Arbeitgeber – der anschließend in Berufung ging – den gekündigten Mitarbeiter vorläufig bis zum Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens über den 30. September 2015 hinaus zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.
Um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus dem Weiterbeschäftigungstitel des ArbG Iserlohn zu vermeiden, beschäftigte das Unternehmen den Schlosser im Rahmen einer sog. Prozessbeschäftigung weiter. Bereits nach kurzer Rückkehr am Arbeitsplatz erkrankte der Schlosser arbeitsunfähig.
Dazu: Keine Lohnfortzahlung bei neuer Erkrankung während Arbeitsunfähigkeit
Forderung nach Entgeltfortzahlung
Das Kündigungsschutzverfahren endete in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Hamm mit einem Vergleich. Die Parteien einigten sich darauf, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers zum 30. September 2015 aufgelöst worden sei.
Daraufhin forderte der Kläger vom Arbeitgeber noch Ausgleich für Tage der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit in Höhe von 5.360,75 Euro brutto nebst Zinsen abzüglich erhaltenem Krankengeld i. H. v. 2.807,47 Euro.
Hiergegen erwiderte der Arbeitgeber, dass der Schlosser nach dem 30. September 2015 lediglich im Rahmen eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses beschäftigt gewesen sei, bei dem – mangels Arbeitsvertrag – keine Ansprüche für krankheitsbedingte Ausfallzeiten sowie gesetzliche Feiertage geltend gemacht werden können.
Den Ausführung des Arbeitgebers folgte der Große Senat des BAG und wies die Revision des gekündigten Arbeitnehmers als unbegründet zurück. Hierzu heißt es in der Urteilsbegründung:
Erzwingt der Arbeitnehmer durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder deren Androhung seine Weiterbeschäftigung, ist der Arbeitgeber nur zu einer tatsächlichen Beschäftigung des Arbeitnehmers und nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrags mit diesem verpflichtet (BAG 12. Februar 1992 – 5 AZR 297/90 – zu I der Gründe, BAGE 69, 324).
Lohn nur für tatsächliche Arbeit
Daraus folgt, dass der Arbeitgeber gemäß § 818 Abs. 2 BGB nur den Wert der tatsächlich geleisteten Arbeit ersetzen muss. Weitere Ansprüche für Ausfallzeiten wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie gesetzliche Feiertage fallen nicht darunter.
In der so genannten Prozessbeschäftigung gilt sozusagen der Grundsatz „Kein Lohn ohne tatsächliche Arbeit“.
Recht auf Lohnfortzahlung nur mit gültigem Arbeitsvertrag
Eine Lohnfortzahlung bei Krankheit oder an Feiertagen sowie Urlaubsansprüche können lediglich Arbeitnehmer in einem gültigen Arbeitsverhältnis (Arbeitsvertrag) verlangen. Durch Einigung im Rahmen des Vergleichs vor dem LAG Hamm sei die Kündigung jedoch zum 30. September 2015 wirksam geworden und im nachfolgenden Zeitraum lag lediglich eine vorläufige Weiterbeschäftigung ohne gültiges Arbeitsverhältnis vor, weshalb der Gekündigte auch keine über den Wertersatz der geleisteten und vergüteten Arbeitszeit Ansprüche geltend machen könne.
Vorinstanzen:
LAG Hamm – Az.: 4 Sa 388/18 – Urteil vom 21.11.2018
ArbG Iserlohn – Az.: 5 Ca 2033/17 – Urteil vom 20.03.2018
Volltext Quelle: bundearbeitsgericht.de
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