Die Pflege gehört seit Jahren zu den größeren Baustellen der Politik. Daher wurde intensiv an einer Reform gefeilt. Die Eckpfeiler: Es geht zum einen um eine faire Bezahlung von Pflegekräften, zum anderen darum, die finanzielle Last Pflegebedürftiger dauerhaft zu senken. Dass die Pläne eines solchen Mammutvorhabens auch anecken, ist verständlich.
Pflegekräfte sollen besser bezahlt werden
Im Raum steht die Pflegereform schon lange. Gesundheitsminister Hubertus Heil (SPD) wollte unter anderem einen für die gesamte Branche verbindlichen Tarifvertrag auf die Beine stellen. Denn nur etwa 50 Prozent der 1,2 Millionen Pflegekräfte werden nach Tarif bezahlt. Mit diesem Vorhaben ist Hubertus Heil gescheitert.
Jetzt gibt es einen Neustart, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Demnach müssen Pflege-Einrichtungen ab September 2022 mindestens den Tariflohn oder ein Gehalt in entsprechender Höhe zahlen, um einen Versorgungsvertrag zu erhalten. Hinzu gesellt sich ein bundeseinheitlicher Personalschlüssel, damit weitere Pflegekräfte eingestellt werden können.
Eigenanteil für die Pflege: durchschnittlich 2.068 Euro
Punkt zwei auf der Agenda entlastet Pflegebedürftige. Sie sollen ab Januar 2022 besser vor steigenden Zuzahlungen geschützt werden. Blickt man auf die Kosten, die Pflegebedürftige aktuell selbst tragen müssen, ergibt sich auf Bundesebene im Schnitt ein Wert von 2.068 Euro. Für alle, die in einem Heim untergebracht sind, summiert sich mit Unterkunft und Verpflegung ein deutlich höherer Betrag. Ziel ist es, den Eigenanteil für die reine Pflege im Heim im zweiten Jahr um durchschnittlich 410 Euro im Monat und nach mehr als 36 Monaten um monatlich etwa 638 Euro zu senken.
„Wir entlasten Pflegebedürftige und ihre Familien um etwa drei Milliarden Euro. Um besonders denjenigen zu helfen, die lange pflegebedürftig sind, steigt die Entlastung, je länger man auf Pflege angewiesen ist.“
Gesundheitsminister Jens Spahn
Eine Milliarde Bundeszuschuss
Diese Pläne kosten Geld. Eine Milliarde Euro Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung sind ein Baustein der geplanten Finanzierung.
Kinderlose Arbeitnehmer werden stärker belastet
Darüber hinaus sollen Kinderlose stärker zur Kasse gebeten werden. Ihr Zuschlag zum Pflegebeitrag von aktuell 0,25 Prozentpunkten soll um 0,1 Punkte angehoben werden. Betroffen sind alle Arbeitnehmer, die der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung angehören, weil ihr Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze von (für 2021) 58.050 € jährlich/ 4.837,50 € monatlich nicht übersteigt. Besserverdienende, deren Einkommen oberhalb dieser Grenze liegt und die sich dadurch privatt versichern können, werden nicht belastet.
Seit dem 01.01.2005 zahlen Arbeitnehmer, die das 23. Lebensjahr vollendet haben und keine Kinder haben, bereits einen Zuschlag von 0,25% des Bruttoeinkommens in die Pflegekasse, den Eltern nicht zahlen müssen. Darüber hinaus ist dieser Beitrag nur vom Arbeitnehmer zu zahlen – der Arbeitgeber beteiligt sich nicht daran.
Allein die Beitragsanpassung für Kinderlose – wobei es unerheblich ist, ob man bewusst oder unfreiwillig kinderlos ist, was zum Beispiel für Paare gilt, die gerne Kinder hätten, aus biologischen oder anderen Gründen aber keine (eigenen) Kinder haben können – ergibt Mehreinnahmen von 400 Millionen Euro. Oder anders ausgedrückt: Kinderlosen wird eine zusätzliche finanzielle Belastung aufgebürdet. Gerade daran regt sich Kritik – unter anderem aus der FDP.
Kritisiert werden alle Facetten der Pflegereform. Die Gewerkschaft Verdi sieht keine Garantie, dass die Löhne auch tatsächlich steigen. Verdi-Chef Frank Werneke erklärte: „Es muss sichergestellt werden, dass die Bezugnahme ausschließlich auf relevante Flächentarifverträge erfolgt.“ Auch die Grünen mahnen, dass Tariflöhne flächendeckend verankert werden müssen.
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