Der Kündigungsschutz für Schwangere greift bereits vor offiziellem Dienstantritt der werdenden Mutter. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 27. Februar 2020 (Az.: 2 AZR 498/19).
Mutterschutzgesetz verbietet Kündigung von Schwangeren
Schwangeren Frauen kann gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) im Regelfall nicht gekündigt werden. Auf diese Weise können werdende Mütter während der Schwangerschaft und bis mindestens 4 Monate nach der Entbindung vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bewahrt werden. Dieser besondere Kündigungsschutz greift laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages und damit auch schon vor offiziellem Dienstantritt der Schwangeren.
Frau klagt gegen Arbeitgeber
Hintergrund des Urteils war die Klage einer Frau aus Hessen. Die Frau schloss am 09. bzw. 14. Dezember 2017 einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellte. Laut Arbeitsvertrag sollte sie ihren Dienst beim Arbeitgeber, einem Kleinunternehmen mit nicht mehr als 10 Angestellten, erstmalig zum 01. Februar 2018 antreten. Binnen der vertraglich geregelten Probezeit von 6 Monaten, stehe es dem Arbeitgeber frei, der Frau mit einer Frist von 2 Wochen zu kündigen. Der Vertrag beinhaltete zudem eine Klausel, der zufolge die Frau bei einer schuldhaften Nichtaufnahme oder vertragswidrigen Beendigung der Tätigkeit, eine Vertragsstrafe zahlen müsse.
Kündigung wegen Beschäftigungsverbot bei Schwangerschaft
Am 18. Januar 2018, knapp 2 Wochen vor Dienstantritt, teilte die Frau dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft mit und setzte ihn über ein ärztlich attestiertes komplettes Beschäftigungsverbot in Kenntnis. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das bestehende Beschäftigungsverhältnis zum 14. Februar 2018. Aus Sicht der Frau war die Kündigung jedoch im Sinne des Mutterschutzgesetzes unwirksam und der Fall landete beim Landesarbeitsgericht Hessen.
Gericht urteilt im Sinne der Schwangeren
Der beklagte Arbeitgeber beantragte die Klage der Frau auf Unwirksamkeit der Kündigung abzuweisen, da das Kündigungsverbot für Schwangere vor der Aufnahme der Tätigkeit keine Anwendung fände. Das Landesarbeitsgericht teilte diese Auffassung jedoch nicht. Der Kündigungsschutz für Schwangere greife sehr wohl bereits vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme, insofern sei eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht möglich. Nach bestehender Gesetzeslage bestünden bereits ab Vertragsabschluss beidseitige Verpflichtungen. Diese Auffassung lege auch der Arbeitsvertrag nahe, der die Frau bei schuldhafter Nichtaufnahme der Tätigkeit zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichten würde. Das Bundesarbeitsgericht stimmte dem Urteil der Richter in Hessen zu und wies die Revision des Arbeitgebers als unbegründet ab.
Vorinstanzen:
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Juni 2019, Az.: 5 Sa 751/18
Titelbild: Valeria Aksakova/ shutterstock.com