Der Schnee fällt und auf den Straßen herrscht absolutes Chaos. Dürfen Arbeitnehmer zuhause bleiben, wenn sie auf Grund der Wetterverhältnisse den Arbeitsweg nicht antreten können?
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
Wegen Schnee nicht zur Arbeit gehen?
Arbeitnehmer müssen auch bei starkem Schneefall und Glatteis zur Arbeit. Sie tragen das Wegerisiko und müssen dementsprechend sicherstellen, dass sie pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen.
Was ist, wenn man wegen Schnee nicht zur Arbeit kommt?
Kommen Arbeitnehmer auf Grund von Glatteis, Schnee und Co. nicht zur Arbeit, kann der Arbeitgeber ihr Gehalt entsprechend der versäumten Zeit kürzen. Bei einem vorhersehbaren Wintereinbruch müssen Arbeitnehmer alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, um den Arbeitsweg antreten zu können. Andernfalls kann eine Abmahnung oder bei wiederholten Verspätungen sogar die Kündigung drohen.
Wann muss man nicht zur Arbeit?
Arbeitnehmer dürfen gem. § 616 BGB dem Arbeitsplatz nur aus persönlichen und unverschuldeten Gründen fernbleiben. Schneefall und Glatteis gelten dabei im Regelfall nicht als berechtigte Verhinderungsgründe.
Schnee: Dürfen Arbeitnehmer zuhause bleiben?
Nein. Der Arbeitnehmer trägt das Wegerisiko, dies stellte das Bundesarbeitsgericht bereits 1982 klar (BAG, Urteil v. 08.09.1982, Az.: 5 AZR 283/80). Ob mit Bus, Bahn oder Auto: Er muss dafür Sorge tragen, dass er pünktlich zu seinem Arbeitsplatz gelangt – auch bei starkem Schneefall. Mit einer Freistellung oder Sonderurlaub von Seiten des Arbeitgebers kann auf Grund von Schnee und Glätte auf den Straßen also nicht gerechnet werden.
§ 616 BGB: Schnee kein persönlicher Verhinderungsgrund
Der Arbeitnehmer muss grundsätzlich pünktlich zur Arbeit erscheinen. Wer zu spät oder gar nicht zur Arbeit kommt, muss mit einer Gehaltskürzung rechnen. Die einzige Ausnahme dieser Regel bildet § 616 BGB.
Resultiert die Verhinderung „durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden“, verliert der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch nicht. Wird er also aus einem persönlichen und unverschuldeten Grund daran gehindert, bei der Arbeit zu erscheinen, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Schnee und Glatteis hat der Arbeitnehmer dabei zwar nicht selbst zu verschulden, allerdings stellen schwierige Wetterverhältnisse auch keinen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund dar. Die Witterungsverhältnisse betreffen schließlich nicht nur einen Arbeitnehmer, sondern alle. Insofern können sich Arbeitnehmer auch nicht auf den Paragrafen berufen.
Als persönliche und unverschuldete Gründe gelten laut aktueller Rechtsprechung z.B.:
- Familiäre Ereignisse (Geburten der eigenen Kinder, Todesfälle naher Verwandter)
- Unglücksfälle (Hausbrände, Einbrüche)
- Ggf. Ausfall der Kinderbetreuung
Wichtig: Schließt der Arbeits- oder Tarifvertrag die Bestimmungen gemäß § 616 BGB aus, können sich Arbeitnehmer nicht auf die gesetzliche Regelung berufen.
Wegen Schnee nicht zur Arbeit: Folgen
„Ohne Arbeit kein Lohn“: Kommt der Arbeitnehmer wegen eisglatten Straßen verspätet oder gar nicht zur Arbeit, kann der Arbeitgeber das Gehalt für die versäumte Zeit einbehalten, sofern im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag nicht abweichend geregelt. Dies gilt auch bei verspäteten oder gänzlich ausgefallenen öffentlichen Verkehrsmitteln.
Laut der Gewerkschaft Ver.di müssen Arbeitnehmer die Zeit allerdings nicht nacharbeiten, sofern kein Überstundenkonto vorliegt. In diesem Fall wird die ausgefallene Zeit als Minusstunden verbucht, die später nachgeholt werden müssen. Der Arbeitgeber kann den Mitarbeiter jedoch nicht dazu zwingen, die Zeit noch am selben Tag nachzuholen. Dies ist insbesondere dann nicht möglich, wenn der Arbeitnehmer zu einer bestimmten Zeit in den Feierabend gehen muss, um z.B. seine Kinder aus der Betreuung abzuholen.
Wegen Schnee nicht zur Arbeit: Abmahnung?
Mit einer Abmahnung oder gar Kündigung muss der Arbeitnehmer allerdings nach gängiger Rechtsprechung nicht rechnen. Dies setze das Eigenverschulden des Arbeitnehmers voraus und ist im Fall eines unvorhergesehenen Ereignisses regelmäßig nicht gegeben.
Was genau als nicht vorherzusehen zu betrachten ist, ist nicht einheitlich rechtlich geklärt; laut Experten gelten jedoch Umstände, die bis zu 24 Stunden vorher nicht ersichtlich waren als in diesem Zusammenhang unvorhersehbar.
Wer also über Nacht eingeschneit wird und deshalb nicht oder verspätet bei der Arbeit erscheint, sollte dies schnellstmöglich dem Chef mitteilen. Im Regelfall zieht ein solcher Vorfall dann keine schwerwiegenden Konsequenzen nach sich, allerdings verliert der Arbeitnehmer – wie oben erwähnt – trotzdem seinen Anspruch auf Vergütung für die ausgefallene Zeit. Gleiches gilt, wenn der Wetterdienst davor warnt, das Haus zu verlassen.
Wintereinbruch angekündigt: Abmahnung möglich
Dementsprechend anders verhält es sich, wenn Schnee und Glätte im Wetterbericht angekündigt wurden oder den Verkehr bereits seit Tagen behindern. In diesem Fall hatte der Arbeitnehmer ausreichend Zeit, sich auf die schwierigen Wetterverhältnisse einzustellen und alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen. Welche Vorkehrungen dem Mitarbeiter zuzumuten sind, wird im Einzelfall entschieden. Im Regelfall gehören dazu z.B.:
- früher aufstehen,
- Schnee schippen,
- Fahrtüchtigkeit des Autos kontrollieren und sich ggf. um Ersatz bemühen.
Kommt er dennoch verspätet oder gar nicht zur Arbeit, muss er mit einer Abmahnung rechnen – insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber nicht über die Abwesenheit des Arbeitnehmers informiert wird. Arbeitnehmer, die das Wetterchaos häufiger als Ausrede nutzen, nicht zur Arbeit zu erscheinen, droht im Extremfall sogar die Kündigung. Einmalige Verspätungen rechtfertigen diesen Schritt jedoch nicht.
Schnee: Recht auf Homeoffice?
Arbeitnehmer haben bei starken Schneefällen und daraus resultierendem Verkehrschaos nicht automatisch ein Recht darauf, von zuhause aus zu arbeiten. Wer sich auf Grund glatter Straßen ins Homeoffice zurückziehen möchte, muss dies in jedem Fall vorher mit dem Arbeitgeber abklären.
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Glatteis: Unfall auf Arbeitsweg
Glatte Straßen und heftiger Schneefall führen nicht selten zu Verkehrsunfällen. Wer auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall hat und infolgedessen zu spät oder gar nicht am Arbeitsplatz erscheint, muss keine Gehaltskürzung befürchten. Unverschuldete Verkehrsunfälle gelten als berechtigte Verhinderungsgründe. Arbeitnehmer sind bei Unfällen auf dem direkten Arbeitsweg (sog. Wegeunfälle) darüber hinaus gesetzlich unfallversichert.
Versicherungsschutz nur auf direktem Arbeitsweg
Arbeitnehmer sind nur auf dem unmittelbaren Arbeitsweg gesetzlich unfallversichert. Wer auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nachhause einen Abstecher zum Supermarkt macht, erhält keinen Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung mehr.
Gleiches gilt bei Glatteistests vor Antritt des Arbeitswegs. Das Bundessozialgericht wies die dahingehende Klage eines Arbeitnehmers ab, der sich bei Prüfung der Straßenglätte den Arm brach (Urteil v. 23.01.2018, Az.: B 2 U 3/16 R). Das Gericht entschied in einem höchst umstrittenen Urteil, dass der unmittelbare und dadurch versicherte Weg zum Arbeitsplatz ab dem Zeitpunkt des Betretens der Straße unterbrochen wurde. Bei der Prüfung der Fahrbahnverhältnisse handelte es sich um eine „Vorbereitungshandlung“, die im Regelfall nicht vom Versicherungsschutz nicht gedeckt wurde.
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