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Zwangsurlaub: Was ist erlaubt und was nicht?

Verzweifelter Mann vor einem computer
Zwangsurlaub & Betriebsferien – Arbeitgeber bestimmt den Urlaubszeitpunkt

Urlaub gehört zum Arbeitsleben untrennbar hinzu. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt in Deutschland 24 Tage pro Jahr. Viele Unternehmen räumen im Arbeitsvertrag oder über eine Betriebsvereinbarung bzw. einen Tarifvertrag ihren Mitarbeitern sogar deutlich mehr Urlaub ein. In der Regel können die Angestellten über die Termine für diese freien Tage maßgeblich mitbestimmen.

Es gibt aber auch Ausnahmen: Zwangsurlaub. Ein Unternehmen kann unter bestimmten Voraussetzungen einen bestimmten Termin für Urlaub festlegen. Ein typischer Fall von Zwangsurlaub sind Betriebsferien bzw. Werksurlaub/Werksferien. Sowohl bei Betriebsferien als auch bei anderen Formen aufgezwungener freier Tage ist der Arbeitgeber jedoch an bestimmte Bedingungen gebunden.

Das Wichtigste in Kürze

Wann darf der Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen?

Zwangsurlaub muss mindestens 14 Tage vorher angekündigt werden und ist nur aus bestimmten Gründen zulässig, dazu zählen z. B. unvorhergesehene Krisen, Saisonbetrieb oder unverschuldeter Ausfall der Betriebsfähigkeit. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat muss dieser zustimmen.

Wie viele Tage darf der Arbeitgeber verplanen?

Handelt es sich um Betriebsferien, dürfen maximal drei Fünftel des Jahresurlaubs des Arbeitnehmers dafür in Anspruch genommen werden. Wird der Zwangsurlaub aus anderen Gründen angeordnet, kann sich daraus eine andere Dauer ergeben.

Gesetz: Urlaubswünsche des Angestellten sind zu berücksichtigen

Die groben rechtlichen Eckwerte zum Thema Urlaub regelt in der Bundesrepublik das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). In § 7 Abs. 1 ist ein wichtiger Hinweis enthalten, an den sich Arbeitgeber halten müssen:

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.“

Auf diesem Satz baut die gesamte Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf. Übersetzt heißt dieser Passus: Der Mitarbeiter darf um Urlaub in einem bestimmten Zeitraum bitten. Der Arbeitgeber darf dieser Bitte nur aus zwei Gründen widersprechen.

  • Zum einen kann diese Zeit für einen anderen Mitarbeiter blockiert sein – beispielsweise Urlaub in Ferienzeiten für Eltern.
  • Zum anderen können betriebliche Belange dem Wunsch entgegenstehen. Diese betrieblichen Belange sind es zugleich, die nicht nur in die persönliche Planung der Angestellten eingreifen, sondern sogar zu aufgezwungenen Ferien führen können.

Was ist ein Zwangsurlaub?

Unter dem Begriff Zwangsurlaub ist eine arbeitsfreie, bezahlte Zeit zu verstehen, die vom Urlaubskonto des Arbeitnehmers abgezogen wird. Es handelt sich also um einen verordneten Urlaub, den der Mitarbeiter nicht beantragt hat.

Wann darf der Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen?

Ein betrieblich angeordneter Urlaub muss begründet sein. In der Rechtsprechung haben sich mehrere Gründe durchgesetzt, die eine entsprechende Maßnahme rechtfertigen. Dazu zählen unter anderem:

  • unvorhergesehene Krisen (auch die Insolvenz des Unternehmens),
  • unverschuldeter Ausfall der Betriebsfähigkeit,
  • amtliche Betriebsstilllegungen,
  • fehlende Betriebsfähigkeit durch Abwesenheit (zum Beispiel längerer Ausfall der Inhaber von Arztpraxen, Anwaltskanzleien, Therapieeinrichtungen),
  • die Arbeitsweise eines Saisonbetriebs.

Es gilt jedoch zugleich der Grundsatz, dass ein Unternehmen betriebliche Risiken nicht auf die Angestellten abwälzen darf. Laufen die Geschäfte schlecht, rechtfertigt dies allein keine Ankündigung von Zwangsurlaub. Die Übergänge sind allerdings fließend. Bei Streit müsste im Einzelfall ein Arbeitsgericht über die Zulässigkeit entscheiden.

Wichtig sind außerdem zwei Punkte:

  1. Zwangsurlaub oder Betriebsferien sind rechtzeitig, mit einer angemessenen Frist anzukündigen. Bei Betriebsferien sind dies in der Regel mehrere Monate oder Wochen, bei Zwangsurlaub sollte diese Frist im Normalfall ca. 14 Tage nicht unterschreiten. Akute Krisen können jedoch auch sehr kurzfristige Ankündigungen rechtfertigen.
  2. Die Maßnahme ist mitbestimmungspflichtig. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, muss dieser sein Einverständnis geben. Sonst ist die Ankündigung nichtig.

Die Hürden für eine aufgezwungene Auszeit sind relativ hoch. Sie lassen sich jedoch zumindest für Betriebsferien durch einen Passus im Arbeitsvertrag umgehen. Räumt dieser dem Arbeitgeber ein, Werksferien/Werksurlaub oder Betriebsferien anzusetzen, sind diese jederzeit möglich.

Wie lang darf der Zwangsurlaub sein?

Das Bundesurlaubsgesetz räumt den Arbeitnehmern einen Urlaubsanspruch ein, damit diese sich erholen können. Nutzt der Arbeitgeber das Mittel Zwangsurlaub, kommt es zu einem Konflikt mit dem Ziel des Gesetzes. Daher stellt sich die Frage: Wie lang darf eine solche Maßnahme dauern?

Bei Betriebsferien gibt es ein zwar altes, aber noch immer als Entscheidungsbasis geltendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.07.1981 (Az. 1 ABR 79/79). Dieses sieht als groben Richtwert vor, dass Betriebsferien drei Fünftel des Jahresurlaubs umfassen dürfen. Zwei Fünftel müssten jedoch dem Arbeitnehmer zur freien Verfügung stehen.

Was für die Betriebs- bzw. Werkferien gilt, muss jedoch nicht für einen Zwangsurlaub aus anderen Gründen gelten. Hier kommt es vielmehr auf die Begründung für die Maßnahme an. Im Einzelfall kann sich daraus ggf. eine andere als angemessen zu betrachtende Dauer ergeben. Wichtig ist auch hier: Der Arbeitnehmer muss möglichst einen wesentlichen Teil seines Urlaubs zur freien Verfügung behalten.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zum Zwangsurlaub

Das Thema ist in Einzelheiten komplex und greift in ein wichtiges Arbeitnehmerrecht ein: den Erholungsurlaub. Daher gibt es viele Fragen dazu. Die häufigsten Fragen sind hier mit einer allgemeinen Antwort genannt. Für eine Einzelfallbetrachtung sollten Betroffene einen Anwalt, den Betriebsrat oder die zuständige Gewerkschaft ansprechen.

Was ist der Unterschied zwischen Zwangsurlaub und Betriebsferien?

Betriebsferien sind in der Regel im Voraus vertraglich festgelegt und für das Folgejahr angekündigt. Strittig ist, ob diese Werksferien begründet sein müssen. Über einen Zwangsurlaub dagegen entscheidet der Arbeitgeber kurzfristig und aus einer unvorhersehbaren Situation heraus. Die Gründe müssen vor dem Arbeitsgericht standhalten können.

Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer während des Zwangsurlaubs arbeitsunfähig wird?

Die Arbeitsunfähigkeit ist dem Arbeitgeber zu melden und ggf. durch einen ärztlichen Nachweis zu bestätigen. Für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit darf der Arbeitgeber dem Betroffenen wie beim regulären Erholungsurlaub keine Urlaubstage von seinem Konto abziehen.

Darf der Arbeitgeber nur einzelne Mitarbeiter oder Abteilungen in den Zwangsurlaub schicken?

Ja, sofern der Betriebsrat zustimmt und zugleich ein ausreichender Grund vorliegt. Denkbar wäre dies zum Beispiel, wenn eine Lebensmittelproduktion amtlich geschlossen wird, aber die Verwaltung und der Vertrieb weiterhin arbeiten können.

Darf der Arbeitgeber einen Zwangsurlaub anordnen, wenn der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub bereits genutzt hat?

Ja. Aber der Arbeitnehmer trägt keine Schuld an dieser Entwicklung. Daher erhält er während der verordneten Zwangspause weiter Lohn, obwohl er keine Urlaubstage mehr hat.

Darf der Arbeitgeber kurzfristig, zum Beispiel im Frühjahr für den Sommer, Betriebsferien ankündigen?

In der Regel ist der Punkt Betriebsferien in den Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen samt Fristen und maximaler Länge definiert. Fehlt eine solche Vereinbarung, sollten die Betriebsferien bereits vor Jahresbeginn festgelegt sein. Nach allgemeiner Rechtsauffassung sollten sie mindestens sechs Monate vor Beginn angekündigt sein.

Darf der Arbeitgeber einen bereits genehmigten, aber nach einem neu angekündigten Zwangsurlaub liegenden Urlaub eines Mitarbeiters streichen?

Grundsätzlich nein. Wenn der Urlaub bereits bewilligt ist, muss der Arbeitnehmer dem nicht zustimmen. Das gilt auch dann nicht, wenn er durch die verordneten freien Tage später gar keinen Urlaubsanspruch mehr hätte. Es gilt das Genehmigungsdatum. Allerdings kann es ratsam sein, das Thema in Ruhe mit dem Vorgesetzten zu besprechen und eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Muss der Arbeitnehmer aufgezwungenen Urlaub akzeptieren?

In der Regel wird es praktisch nicht möglich sein, den Arbeitnehmer in dieser Zeit zu beschäftigen. Dennoch können die Interessen des Arbeitnehmers so stark überwiegen, dass er vom Zwangsurlaub ausgenommen werden muss. Denkbar wären Konstellationen, bei denen der Arbeitnehmer seinen Urlaub zur Pflege von Angehörigen oder Betreuung von kleinen Kindern nutzen muss. Solche Fälle bedürfen jedoch einer individuellen Betrachtung.

Darf der Arbeitgeber verlangen, auf Urlaubstage für das kommende Jahr vorzugreifen und diese für einen Zwangsurlaub am vorherigen Jahresende zu nutzen?

Nein. Der Urlaub ist an das Kalenderjahr gebunden und der Arbeitnehmer darf diesen nicht vorab verbrauchen. Anders wäre es jedoch, wenn der Angestellte noch Resturlaub hätte und die Maßnahme am Jahresanfang stattfindet. Dann dürfte der Arbeitgeber das Aufbrauchen dieses Resturlaubs verlangen.

Muss der Arbeitgeber den Mitarbeitern die Gründe für einen Zwangsurlaub nennen oder nachweisen?

Nein. Kommt es zu einem Rechtsstreit, muss der Grund jedoch belastbar sein. Zum guten Miteinander im Unternehmen gehört es allerdings, den Mitarbeitern die Gründe für eine solche Maßnahme zu erläutern. Nicht zuletzt ist die Maßnahme durch den Betriebsrat zustimmungspflichtig.

Ist die Corona-Pandemie ein ausreichender Grund für einen Zwangsurlaub?

Grundsätzlich: Nein. Es gibt jedoch kein höchstrichterliches Urteil, das sich mit dieser Frage beschäftigt hat. Die Pandemie allein dürfte jedoch keine solche Maßnahme rechtfertigen, da ein Unternehmen dennoch voll arbeitsfähig sein kann. Das gilt auch dann, wenn die Umsatzzahlen sinken. Andererseits können fehlende Zulieferung von Arbeitsmaterialien, das behördliche Schließen von Absatzmöglichkeiten, der Ausfall großer Teile der Belegschaft, das Erkranken des Inhabers bei freiberuflichen Angeboten und viele weitere Details durchaus für einen Zwangsurlaub sprechen. Generell sollten Unternehmen hier jedoch erst andere Möglichkeiten wie den Abbau von Überstunden, das Einschränken von Arbeitszeiten, Antrag auf Kurzarbeit und ähnliche Maßnahmen prüfen.

Titelbild: nd3000/ shutterstock.com

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