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BAG Urteil: Arbeitgeber kann Urlaubsanspruch aus Elternzeit verkürzen

Mutter mit Kind

Eltern, die sich in Elternzeit befinden, müssen damit rechnen, dass der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch für jeden vollen Monat der Elternzeit kürzt. Dieses Recht des Arbeitgebers ergibt sich aus § 17 BEEG, welches noch einmal vom Bundesarbeitsgericht bestätigt wurde.

Das Wichtigste in Kürze

Kann in der Elternzeit Urlaub abgezogen werden?

Ja, der Arbeitgeber darf den in der Elternzeit erworbenen Urlaubsanspruch um ein Zwölftel pro vollen Monat kürzen. Anteilige Monate unterliegen dem Kürzungsanspruch des Arbeitgebers nicht.

Kann der Urlaub auch bei Teilzeitarbeit in der Elternzeit gekürzt werden?

Reduziert der Mitarbeiter lediglich seine Stunden, erscheint jedoch weiterhin an allen Werktagen bei der Arbeit, verkürzt sich der Urlaubsanspruch nicht. Mehr dazu hier.

Was ist ein voller Kalendermonat in Elternzeit?

Ein voller Kalendermonat in Elternzeit beginnt am ersten Tag und endet am letzten Tag des Monats, bspw. 01.09 bis 30.09. Beginnt die Elternzeit bspw. am 18.08 und enden am 19.12., so darf der Urlaubsanspruch für die Monate August und Dezember nicht gekürzt werden, da es sich hier um keine vollen Kalendermonate handelt.

Elternzeit: Kürzung des Urlaubs um ein Zwölftel pro Monat

Arbeitnehmer erwerben grundsätzlich auch dann einen Urlaubsanspruch, wenn sie sich in Elternzeit befinden. Allerdings steht dem Arbeitgeber nach § 17 BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) das Recht zu, dem Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen – dies hat das Bundesarbeitsgericht am 19.03.2019 (Az.: 9 AZR 362/18) bestätigt.

Arbeitnehmerin klagt auf Urlaubabgeltung

Dem Urteil lag der Fall einer Arbeitnehmerin aus dem Raum Detmold zugrunde. Die Frau, die als Assistentin der Geschäftsleitung seit dem 01. Juni 2001 beim Beklagten beschäftigt war, befand sich u.a. zwischen dem 01. Januar 2013 und dem 14. Dezember 2015 ununterbrochen in Elternzeit. Als sie das Beschäftigungsverhältnis mit Schreiben vom 23. März 2016 zum 30. Juni desselben Jahres kündigte, beantragte sie zudem Urlaub für die Zeit der Kündigungsfrist unter Einbeziehung der während der Elternzeit erworbenen Urlaubsansprüche.

Ihr Arbeitgeber bewilligte den Urlaubsantrag, gewährte ihr aber lediglich eine Urlaubszeit vom 04. April bis zum 02. Mai 2016 und verneinte damit die Gewährung des in der Elternzeit entstandenen Urlaubsanspruchs. Daraufhin zog die Frau vor Gericht und klagte auf die Abgeltung der ihr aus ihrer Sicht während der Elternzeit entstandenen 89,5 Arbeitstage.

BAG entscheidet im Sinne des Arbeitgebers

Nachdem die Klage sowohl vom Arbeitsgericht Detmold als auch vom Landesarbeitsgericht Hamm abgelehnt wurde, entschied letzten Endes das Bundesarbeitsgericht (BAG) in dritter Instanz ebenfalls zugunsten des Arbeitgebers. Laut Urteil des BAG habe der Arbeitgeber im Rahmen der ihm rechtlich durch das BEEG zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gehandelt und den Urlaubsanspruch rechtsgültig gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG gekürzt. Dies ist auch mit Europarecht vereinbar.

Der Paragraf gibt vor, dass der Arbeitgeber „den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen“ darf. Die Regelung gilt dabei für jeden Erholungsurlaub und schließt daher neben dem gesetzlichen Mindesturlaub auch betrieblichen, tariflichen oder arbeitsvertraglichen Urlaub mit ein.

Beispiel:

Ein Mitarbeiter mit einem Anspruch auf arbeitsvertraglich geregelte 30 Urlaubstage pro Jahr geht vom 01. Mai 2021 bis zum 01. Dezember 2021 für 7 volle Monate in Elternzeit. Der Arbeitgeber kann den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nun um ein Zwölftel pro vollen Monat kürzen:

30 Urlaubstage / 12 Monate x 7 volle Monate Elternzeit = 17,5

Diese 17,5 Tage sind nun dem Jahresurlaub abzuziehen:

30 – 17,5 = 12,5

Für das Jahr 2021 ergibt sich dementsprechend ein Anspruch auf 12,5 Urlaubstage. Da Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben gemäß § 5 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz aufgerundet werden, verbleibt dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf 13 Urlaubstage.

Daraus folgt auch: Mitarbeiter, die ein ganzes Jahr – vom 01. Januar bis 31 Dezember – in Elternzeit gehen, müssen mit der vollständigen Kürzung ihres Urlaubsanspruchs für diese Zeit rechnen.

Urlaubskürzung aus Elternzeit: Nur volle Monate

Einzig Urlaubsansprüche aus vollen Kalendermonaten dürfen um ein Zwölftel gekürzt werden. Tritt ein Mitarbeiter die Elternzeit also z.B. am 15. Mai an und erscheint zum 04. August wieder zur Arbeit, dürfen lediglich die Ansprüche aus 2 Monaten (Juli und Juli) der Kürzung durch den Arbeitgeber unterliegen.

Wichtig: Hat der Arbeitnehmer ihm zustehende Urlaubsansprüche aus der Zeit vor der Elternzeit nicht erhalten, muss der Arbeitgeber ihm den Resturlaub nach Ablauf der Elternzeit gewähren (§ 17 Abs. 2 BEEG).

Kürzung auch bei Teilzeitarbeit während Elternzeit?

Arbeitet der Mitarbeiter während der Elternzeit in Teilzeit, darf ihm in dieser Zeit der Urlaubsanspruch nicht durch die Ein-Zwölftel-Regel gekürzt werden. Bereits ab einem Tag Arbeit im Monat der Elternzeit, entfällt das Kürzungsrecht des Arbeitgebers. Arbeitet der Mitarbeiter in der Elternzeit an weniger Tagen die Woche als zuvor, reduzieren sich die Urlaubsansprüche aus dieser Zeit gemäß des vertraglich vereinbarten Urlaubs vor der Elternzeit – unabhängig von der Kürzungsregel.

Tipp für Arbeitgeber: Reduziert ein Mitarbeiter nach der Elternzeit seine Wochenarbeitstage, empfiehlt sich die Kürzung der in der Elternzeit erworbenen Urlaubsansprüche aus Sicht des Arbeitgebers besonders. Kürzt er den Urlaub nicht, können die erworbenen Urlaubsansprüche aus der Elternzeit und verringerten Wochenarbeitstage zu ausgedehnten Urlaubszeiten und infolgedessen zu einer finanziellen Mehrbelastung des Arbeitgebers kommen.

Dazu: Urlaub – Urlaubsanspruch im Arbeitsvertrag

Urlaubskürzung erfolgt nicht automatisch

Die Kürzung des Urlaubsanspruches in der Elternzeit erfolgt jedoch nicht automatisch. Der Arbeitgeber muss eine darauf gerichtete empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben, um von seinem Kürzungsrecht Gebrauch machen zu können. Diese Erklärung muss jedoch nicht in ausdrücklicher Form erbracht werden, sondern kann ebenso stillschweigend erfolgen. Demzufolge würde es reichen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur den gekürzten Urlaub gewährt, solange dem Mitarbeiter erkennbar ist, dass der Arbeitgeber von seinem Kürzungsrecht Gebrauch macht. Ein separates Schriftstück o.ä. ist demnach nicht notwendig.

Achtung: Der Zeitpunkt der Urlaubskürzung kann derweil vom Arbeitgeber gewählt werden und kann vor, während oder nach der Elternzeit erfolgen. Wird der Urlaub jedoch erst nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gekürzt, wandeln sich die Urlaubsansprüche in Abgeltungsansprüche um, die der Arbeitgeber auszahlen muss.

Verfahrensgang:

BAG vom 19.03.2019 – Az.: 9 AZR 362/18

LarbG Hamm vom 31.01.2018 – Az.: 5 Sa 625/17

ArbG Detmold vom 09.03.2017 – Az.: 1 Ca 359/16

Titelbild: Natalia Deriabina/ shutterstock.com

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